Schlupfhuus schliesst – wir wollen eine qualitative Nachfolgelösung.

Schlupfhuus schliesst – wir wollen eine qualitative Nachfolgelösung.

Startdatum
14. Mai 2019
Petition an
Christina Manser (Leiterin Amt für Soziales Kanton St.Gallen)
Erfolg
Diese Petition war mit 7.456 Unterstützer*innen erfolgreich!

Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Michael Gretler

Im «Schlupfhuus» St.Gallen finden Kinder und Jugendliche rund um die Uhr notfallmässig eine Unterkunft, etwa bei Fällen von Gewalt in der Familie oder in anderen Krisensituationen. Die Notunterkunft steht seit über 18 Jahren rund um die Uhr für die notfallmässige und temporäre Aufnahme von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung.

Das Ostschweizer Kinderspital als Träger und der Kanton St.Gallen sind nun übereingekommen, dass die Stiftung ab Frühling 2020 das Schlupfhuus nicht mehr weiterführen werde. Der Kanton will eine Nachfolgelösung für die Notunterkunft erarbeiten.

Wir lancieren diese Petition, weil wir als Fachpersonen der Sozialen Arbeit besorgt sind über die aktuelle Situation. Wir wünschen uns, dass die hohe Qualität und Professionalität des bisherigen Schlupfhuus auch für die Nachfolgelösung gelten soll. Wir setzen uns ein für einen starken, qualitativen Kindesschutz und ein professionelles Kriseninterventionsangebot mit Notunterkunft für Kinder und Jugendliche im Kanton St.Gallen.

In diesem Sinne möchten wir dem Amt für Soziales des Kantons St.Gallen mit dieser Petition folgende Anregungen und Gedanken im Hinblick auf die Entwicklung der Nachfolgelösung mit auf den Weg geben.

1.     Hochwertiges Angebot: Wir wünschen, dass auch nach der Schliessung des Schlupfhuus ein qualitativ hochwertiges Angebot mit Krisenplätzen für Kinder und Jugendliche im Kanton St.Gallen besteht.

2.     Keine Planbarkeit von Krisen: Krisen sind per se nicht planbar. Wer ein solches Angebot für Krisenplätze betreibt, wird sich immer mit der Herausforderung konfrontiert sehen, dass die Belegung stark schwankt.

3.     Keine Wirtschaftlichkeit: Ein solches Angebot kann nicht wirtschaftlich geführt werden. Kindesschutz ist nicht ein Business, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung. Im Zentrum steht das Wohl und der Schutz des Kindes. Bei der neuen Lösung soll daher nicht die Wirtschaftlichkeit, sondern die Zweckmässigkeit im Vordergrund stehen.

4.     Folgekosten vermeiden: Wir sind überzeugt, dass Krisenfälle, die nicht zeitnah und qualitativ bewältigt werden, grosse Folgekosten für die Gesellschaft nach sich ziehen werden. Dies soll vermieden werden. Es braucht auch in Zukunft eine Lösung, die rund um die Uhr mit Fachleuten besetzt ist. Dafür müssen genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

5.     Gesundes Arbeitsumfeld: Das Fachpersonal in einem solchen Angebot steht vor grossen Herausforderungen und unter einem enormen Druck. Die Rahmenbedingungen für ein gesundes Arbeitsumfeld müssen für die Mitarbeitenden sichergestellt sein. Wer ständig an der Sparschraube dreht, fördert nicht die Leistung, sondern Ausfälle infolge Krankheit und Überlastung.

Den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Petition ist es wichtig, in Zusammenhang mit der Berichterstattung in den Medien auf einige Punkte aufmerksam zu machen, die teils ein falsches Bild vermitteln.

  • Belegung: Seit gut einem halben Jahr hat die Belegung die maximale Auslastung erreicht und punktuell überschritten. Eine Belegungsquote von rund 35 Prozent, wie die Medien berichtet haben, gilt nur für das Jahr 2017. Dies stellt ein absoluter Tiefpunkt während der ganzen Schlupfhuus-Geschichte dar. Doch letztlich ist eine solche Jahresstatistik nicht repräsentativ für die Arbeit, den Aufwand und die Qualität, die im Schlupfhuus geleistet wird. Siehe dazu den nächsten Punkt.
  • Komplexe Fälle: Es geht bei der Krisenintervention um hochsensible Notfälle von schwer traumatisierten Jugendlichen und Kindern, die schlimmste psychische oder physische Gewalt erfahren haben. Solche Fälle müssen von Fachleuten und einem eingespielten Team betreut werden. Der Betreuungsaufwand ist jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich. So können z. B. schon zwei herausfordernde Fälle im Schlupfhuus das ganze Team ressourcenmässig in Beschlag nehmen. Die Belegung kann dann zwar tief sein, die Belastung ist aber trotzdem sehr hoch in dieser Situation. Erwähnenswert ist, dass im Schlupfhuus auch Kleinkinder und Säuglinge Unterschlupf finden – ebenfalls eine besondere Herausforderung für das Team.
  • Schlupfhuus-Zusatzleistungen: Das Schlupfhuus bietet zahlreiche unentgeltliche Zusatzleistungen, die in der einfachen Betrachtung der Belegungsquote nicht zum Ausdruck kommen. So wird wertvolle Schnittstellenarbeit und Beratung geleistet zwischen Jugendlichen, Behörden, KESB, Eltern, Schule usw., so dass es oft gar nicht zu einer Aufnahme ins Schlupfhuus kommt. Eine weitere Aufgabe besteht in der Sicherstellung des Kinder- und Jugendnotrufs ausserhalb der regulären Bürozeiten – also während der Nacht und an den Wochenenden. Ausserdem werden komplexe Fallsituationen teils über Wochen hinweg mit anderen Fachstellen vorbereitet. Kinder und Jugendliche erhalten beispielsweise auch die Möglichkeit, das Schlupfhuus vorgängig kennenzulernen.

Während den rund 18 Jahren seit der Eröffnung des Angebots wurde viel Erfahrung und Prozesswissen erarbeitet, das für die Entwicklung der neuen Lösung genutzt werden sollte. Die aktuell im Schlupfhuus angestellten Mitarbeitenden danken allen Verantwortlichen, die sich für den Kindesschutz und das Schlupfhuus engagiert haben. Sie stehen damit loyal zum Entscheid der Trägerschaft, keine weiteren Sparmassnahmen zu tätigen und sind gerne dazu bereit, ihr Wissen zu teilen zu Gunsten einer zukunftsfähigen Lösung.

Gerade im Jubiläumsjahr der Kinderrechte rufen wir die Öffentlichkeit auf, sich für die Rechte der Kinder einzusetzen, den Schwächsten eine Stimme zu geben und diese Petition zu unterstützen – für einen starken, menschenwürdigen Kindesschutz.

Adrian Villiger, Sozialpädagoge BSc FH
Agi Hutter-Zoller, dipl. Sozialarbeiterin HFS
Andy Alfanz, Sozialpädagoge FH / dipl. Erlebnispädagoge NDS HF
Bettina Schläpfer, Sozialpädagogin BSc FH
Christian Dannat, Sozialpädagoge BSc FH i.A.
Daniel Held, Sozialpädagoge HF i.A.
Margrit Jud-Izem, Sozialpädagogik
Michael Gretler, Sozialpädagoge HF
Rebecca Nufer, Sozialpädagogin BSc FH i.A.
Sara Peter, Sozialpädagogin BSc FH i.A.
Tamara Forrer, FabeK i.A.
Therese Boxler, Sozialpädagogin FH

Erfolg

Diese Petition war mit 7.456 Unterstützer*innen erfolgreich!

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Entscheidungsträger*innen

  • Christina ManserLeiterin Amt für Soziales Kanton St.Gallen