Besuchsrecht im Pflegeheim trotz Corona. Besuche bei Pflegeheimbewohnern möglich machen!

Besuchsrecht im Pflegeheim trotz Corona. Besuche bei Pflegeheimbewohnern möglich machen!

Startdatum
23. April 2020
Petition an
Gesundheitsministerien der Bundesländer
Erfolg
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Biva Pflegeschutzbund

Pflegeheimbewohner dürfen nicht länger abgeschottet werden. Besuche von Angehörigen und Betreuern müssen unter Einhaltung von verbindlichen Hygienevorschriften möglich sein. Das vielfach praktizierte totale Besuchsverbot für fast eine Million Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeeinrichtungen ist nicht zielführend, bedeutet für die Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte und gefährdet deren seelische und emotionale Gesundheit. Es muss in dieser Form aufgehoben werden.

Die besondere Gefährdung dieses Personenkreises durch das Corona-Virus ist bekannt. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um diese vulnerablen Menschen vor Ansteckung zu bewahren. Die bisherigen Corona-Fälle in Pflegeheimen wurden, so weit bekannt, über das Personal hineingetragen und verbreitet, da es bislang an ausreichenden Schutzausrüstung beim Personal mangelte. Besucher wurden schon zu Beginn der Krise ausgeschlossen und fallen schon daher als Virenverteiler praktisch nicht ins Gewicht. Um die Bewohnerinnen und Bewohner umfassend sowohl vor dem Corona-Virus wie vor sozialer Isolationen zu schützen, muss für ausreichende Schutzausrüstung und die Einhaltung der Hygienemaßnahmen gesorgt werden – für Pflegekräfte und für Besucher.

Hunderte von Angehörigen, die vom Kontaktverbot betroffen sind, haben in den letzten Wochen Rat beim BIVA-Pflegeschutzbund gesucht. Sie berichten von Depressionen, mangelndem Lebensmut, Vereinsamung und Vernachlässigung ihrer Familienmitglieder. Viele Angehörige übernehmen in normalen Zeiten regelmäßig Hilfstätigkeiten, etwa bei der Nahrungsaufnahme. Sie sorgen sich jetzt um die angemessene Versorgung der Heimbewohner und fürchten einen rapiden körperlichen und seelischen Abbau.

Demenziell veränderte Menschen treffen die Besuchsverbote in besonderem Maße, da auch digitale Möglichkeiten zu Kontakten nicht genutzt werden können. Schon nach kurzer Zeit der Isolation können noch vorhandene kognitive Fähigkeiten verfallen. Unruhe, Ängstlichkeit und Aggression werden gesteigert. Das seelische Wohlbefinden leidet und nachhaltige Schäden entstehen.

Ein besonders gravierender Punkt ist die Sterbebegleitung. Sie muss unter allen Umständen möglich sein, ohne den Besuch zeitlich zu begrenzen. Abschiednehmen und die Regelung der letzten Dinge sind existenzielle Grundbedürfnisse, die nicht einschränkbar sind. Zudem muss es hier nicht mehr um den Schutz des Sterbenden gehen. Das grundsätzliche Recht zur Sterbebegleitung besteht zwar zurzeit schon, wird aber in vielen Fällen nicht angemessen gewährt. Aus Angst vor Konsequenzen entscheiden sich viele Heime für die harte Lösung: keine Besuche!

Wir appellieren dringend an die Entscheidungsträger: Heben Sie die generellen Besuchsverbote auf. Etablieren Sie stattdessen effektive Schutzmaßnahmen, die in erster Linie beim Pflegepersonal ansetzen. Konkret fordern wir:

  • Besuche und Sozialkontakte müssen für jede Bewohnerin und jeden Bewohner den persönlichen Bedürfnissen entsprechend unter Einhaltung von Schutzvorschriften möglich sein.
  • Besuche zur Sterbebegleitung müssen in jedem Fall und ohne zeitliche Begrenzung erlaubt sein.
  • Die Einrichtungen müssen diese Besuche möglich machen und entsprechende Konzepte erarbeiten.
  • Die Kosten für die dafür erforderlichen Schutzmaßnahmen dürfen nicht auf die Bewohnerinnen und Bewohner umgelegt werden.
  • Arztbesuche und therapeutische Besuche müssen möglich gemacht und geregelt werden.

 

 

Beispielhafte Schilderungen aus einer BIVA-Umfrage zu Erfahrungen mit den Besuchsverboten in Pflegeheimen:

„Meine Großmutter wurde nach einer Woche des Besuchsverbotes am 21.03. komplett dehydriert und schwach ins Krankenhaus eingewiesen. Das Pflegepersonal hat sie austrocknen lassen und hat sich nicht gekümmert; nach 3 Tagen ist sie verstorben. Meine Mutter und ich haben meine Oma vorher 8 Monate lang gepflegt, da keine ordnungsgemäße Pflege gewährleistet werden konnte. […] Das Besuchsverbot ist wichtig und richtig, solange eine ordnungsgemäße Pflege sichergestellt ist. Die Mutter meiner Kollegin liegt aktuell ebenfalls im Sterben und wurde vor einer Woche auch dehydriert ins Krankenhaus aus einem Pflegeheim eingeliefert. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, ansonsten sind die “Kollateralschäden” gravierender als die Sterberate durch Corona selbst!“

„Am 29.03.2020 würde ich darüber informiert, dass meine Mutter im Sterben liegt. Dennoch wurde mir der Zutritt verweigert. Ich habe noch vorgeschlagen, ihr Zimmer von außen zu betreten, wurde ebenfalls verweigert. Ich habe überlegt, sie noch nach Hause zu holen. Was hätte ich tun sollen? Es quält sehr. Meine Mutter ist nun tot (verstorben am 30.03.2020).“

„Als ich meine Mutter besuchte, saß sie in der Nähe des Haupteingangs draußen in der Sonne. Aus Respekt den Angestellten gegenüber trage ich jetzt immer einen Mundschutz, sogar wenn ich vor dem gekippten Fenster stehe, um mit meiner Mutter zu sprechen, die dann auch ca. 1,5m weit weg vom Fenster am Tisch sitzt. Draußen näherte ich mich auf etwa 4 m zu ihr, wie gesagt, mit Mundschutz und der leichte Wind kam aus ihrer Richtung. Wir unterhielten uns etwa 10 Minuten lang, bis die Heimleiterin vorfuhr. Sie machte uns klar, dass das so nicht ginge und dass meine Mutter jetzt für drei Wochen in Quarantäne müsste! Ich bin weder mündlich noch schriftlich informiert worden über derart hohe Strafen und kann dies in keinster Weise nachvollziehen, da wir uns mehr als an die gesetzlichen Vorschriften gehalten haben.“

„Wir haben seit dem Besuchverbot nur Essen vorbeigebracht und abgegeben. Dabei haben wir meinem Vater vor dem Tor durch ein Fenster zugewunken, wir wollten ihm nur ein Lächeln ins Gesicht zaubern und sind wieder gegangen! Heute haben wir einen Anruf vom Heim bekommen und sollen die Besuche vor dem Haus unterlassen, weil das sonst alle machen würden!? Wo bleibt hier das humanitäre Denken? Wir nehmen diese Lage alle ernst und müssen versuchen stark zu bleiben! Aber diese Lage ist keine Lage die in zwei Wochen erledigt ist! Sollen unsere Angehörige in Einsamkeit sterben? Warum dürfen wir unseren Vater (vielleicht das letzte Mal) nicht von weitem (außerhalb des Geländes) aus dem Fenster sehen dürfen? Nur mal zuwinken und ihnen sagen dürfen, dass wir sie lieben? Wir müssen die Lage ernst nehmen, aber auch menschlich bleiben! Sie sollen doch sehen, dass sie noch eine Familie haben. Wir sind sehr traurig darüber und wissen jetzt nicht was wir machen sollen...“

Bildnachweis: Lopolo/Shutterstock.com

Erfolg

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Entscheidungsträger*innen

  • Gesundheitsministerien der Bundesländer