Offener Brief an Frau Ministerin Giffey zum Unterhaltsrecht

Offener Brief an Frau Ministerin Giffey zum Unterhaltsrecht

Startdatum
10. März 2019
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Gestartet von Torsten H. Sommer

Offener Brief an
Frau Bundesministerin
für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend
Franziska Giffey
Glinkastraße 24
10117 Berlin

10. März 2019


Sehr geehrte Frau Ministerin Giffey,

auf der Website SPIEGEL ONLINE wurde gestern, am 9. März 2019 berichtet, dass nach Ihrem Willen die "Väter von Trennungskindern rechtlich besser gestellt werden sollten", und Sie werden dahingehend zitiert, dass es nicht angehe, "dass der Vater weiterhin den vollen Unterhalt zahlen muss, auch wenn das Kind viel Zeit bei ihm verbringt und sogar ein eigenes Zimmer bei ihm hat" (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/franziska-giffey-will-vaeter-von-trennungskindern-rechtlich-besserstellen-a-1257042.html

Was allen nicht von Kindesentfremdung Betroffenen möglicherweise wie ein Reformvorschlag zu mehr Gleichberechtigung erscheint, ist für uns als aus dem Leben unserer Kinder bereits ausgegrenzten Elternteile ein Schritt zu unserer noch weitergehenden Ausgrenzung.

Bereits die gegenwärtige Rechtsprechung im Kindesunterhaltsrecht stellt für viele Elternteile einen finanziellen Anreiz dar, den Umgang ihrer Kinder mit dem anderen Elternteil zu minimieren, da dies ja die Voraussetzung für den Bezug des sogenannten Kindesbarunterhalts und auch des Kindergeldes sowie weiterer finanzieller und steuerlicher Vorteile ist.

Für Elternteile mit finanziellem Interesse an dieser Minimierung des Umgangs wird durch Ihren Reformvorschlag nur ein zusätzlicher Anreiz geschaffen, da solche Elternteile kaum einen vermehrten Umgang ihrer Kinder mit dem anderen Elternteil zulassen würden, wenn dies für sie zur Folge hätte, weniger Kindesbarunterhalt zu beziehen.

Was Sie als "Reform des Sorge- und Umgangsrechts als auch Änderungen im Unterhaltsrecht, die möglichst viel Flexibilität für verschiedene Betreuungsmodelle lassen" bezeichnen, würde in der Praxis zu endlosen Gerichtsverfahren führen, in welchen die Eltern darum feilschen, wieviel Umgangszeit gegen wieviel Kindesbarunterhalt aufgerechnet werden kann.

Ein Elternteil würde den anderen daran hindern, mehr Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, und diesem unterstellen, sich nur deshalb seinen Kindern mehr widmen zu wollen, um weniger zahlen zu müssen.

Elternteile, denen es bereits jetzt an Toleranz gegenüber der Bindung ihrer Kinder zum anderen Elternteil mangelt, werden dann vor Gericht noch tiefer in die Kiste unfairer Tricks greifen, um einen ausgeweiteten Umgang mit dem anderen Elternteil zu verhindern. Um den Anspruch auf vollen Kindesbarunterhalt zu behalten, würden unterhaltsberechtigte Elternteile noch häufiger den Umgang boykottieren, als sie dies ohnehin schon tun.

Wir stimmen Ihnen aus vollem Herzen darin zu, dass das Sorge- und Umgangsrecht in Deutschland nicht mehr zeitgemäß ist. Allerdings würde dieses Recht durch Ihre Reformvorschläge nicht nur nicht zeitgemäßer, sondern nur noch ungerechter werden.

Die unserem Unterhaltsrecht zugrundelegende Rechtsauffassung stammt aus dem Jahre 1900, dem Jahr des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches, und somit aus einer längst vergangenen Epoche, in der die Geschlechterrollen zwischen der Mutter als Erzieherin und dem Vater als dem Geldverdiener noch klar geteilt waren.

Aber ist es denn nicht gerade diese Verteilung der Geschlechterrollen, die wir gänzlich überwinden wollen? Dies kann nicht geschehen, in dem an einem Unterhaltsrecht aus der Zeit des Kaiserreichs lediglich ein wenig Kosmetik betrieben wird. Dieses Unterhaltsrecht muss gänzlich durch ein völlig neues ersetzt werden!

Einem solchen neuen Unterhaltsrecht darf nicht länger die Philosophie zugrunde legen, die Liebe, Zuwendung und Vorbildfunktion eines Elternteils zu seinem Kind könne, egal zu welchem Anteil, durch dessen Geld ersetzt werden. Kinder brauchen beide Eltern, nicht nur deren Geld!

Auch darf ein neues Unterhaltsrecht nicht mehr von einer überkommenen Rollenverteilung ausgehen, in welchem ein Elternteil der vorrangige Erzieher, der andere der vorrangige Zahlmeister ist. Es muss vielmehr von einem Modell ausgehen, in welchem beide Eltern sowohl in ihrer Rolle als Erzieher als auch in ihrer Rolle als Erwerbstätige gleichgestellt sind, und Unterhalt so weit wie möglich gleichermaßen in der Form von Betreuung wie auch in der Form von Erwerbstätigkeit leisten.

Nur ein solches Unterhaltsrecht entspräche Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht."

Jedes Gesetz und jede Rechtsprechung, die zur Folge hat, dass ein Elternteil an der Ausübung seines Anteils dieser Pflicht gehindert wird, betrachten wir daher als verfassungswidrig. Eltern haben das Recht, sich zu trennen. Sie haben nicht das Recht, den anderen Elternteil an der Ausübung seiner Erziehungspflicht zu hindern!

Die einzige diesem Grundgesetzartikel entsprechende Betreuungsform für Trennungseltern ist daher die Paritätische Doppelresidenz. Diese muss gesetzlicher Standard werden! Der Elternteil, der ein anderes Betreuungsmodell als die Paritätische Doppelresidenz wünscht, muss in der Pflicht sein, zu begründen, inwieweit dies dem Interesse des Kindes besser entspräche, und muss auch in der Pflicht sein, für diese Begründung Beweise zu erbringen!

Die Aussicht auf Kindesbarunterhalt, auf das alleinige Beziehen von Kindergeld und auf die günstigere Einkommensteuerklasse dürfen nicht länger finanzielle Anreize für die Ausgrenzung eines Elternteils aus dem Leben der Kinder sein! Durch die Paritätische Doppelresidenz als gesetzlichem Standard, gepaart mit einem diesem angepassten Unterhaltsrecht, würden die meisten Verfahren um Umgang sowie die meisten Verfahren um Kindesbarunterhalt überflüssig werden.

Wir, die Unterzeichner dieses Offenen Briefes, fordern Sie daher auf, sich kompromisslos für die Paritätische Doppelresidenz als gesetzlichen Standard und ein diesem angepassten Unterhaltsrecht einzusetzen!

Mit freundlichen Grüßen
i. V. für die Unterzeichner

Torsten H. Sommer MA
Nürnberg

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