Für die Erhaltung und Förderung sexueller Kultur und sexpositiver Räume in Berlin

Für die Erhaltung und Förderung sexueller Kultur und sexpositiver Räume in Berlin

Startdatum
2. April 2021
Petition an
Herrn Klaus Lederer Kultursenator (Senatsverwaltung für Kultur und Europa Abteilung Kultur) und
3.756 Unterschriften:Nächstes Ziel: 5.000
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Felix Ruckert

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Berlin gilt weltweit als Hauptstadt der sexpositiven sozialen Bewegung und ist Heimat unzähliger Aktivist*innen, Körperarbeiter*innen, Forscher*innen und Künstler*innen, die sich dem Thema sexueller Kultur widmen. Berlin profitiert von seinem Ruf als liberale und progressive Stadt in Sachen Sexualität und Beziehungsdiversität. Dieser einmalige Standortvorteil muss gefördert und ausgebaut werden, da er international ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Die gelebte und offene Sexualkultur der Stadt erhöht die Attraktivität der Stadt und unterstreicht ihren Ruf als Wissens- und Forschungszentrum.

Sexuelle Kultur
- brauchen wir, um Gemeinsinn und Gemeinschaft zu stärken und um Liebe und Beziehungen besser zu verstehen
- erforscht Berührung und lehrt körperlichen Kontakt und Konsens
- dient der Gesunderhaltung und reduziert Konsum und Kompensation
- bekämpft Sexismus und beugt Gewalt und Missbrauch vor
- ermöglicht persönliche Ermächtigung, dekonstruiert Geschlechterklischees und hinterfragt stereotype/ heteronormative Ansichten zur Sexualität
- fördert Diversität und Umsicht in Bezug auf Körperformen, Alter, Herkunft, Beziehungstypen und sexuelle Praktiken
- erweitert und verbreitet sexuelles Wissen wie z. B. zu Safer Sex und ermutigt uns, zufriedene sexuelle Wesen zu sein.

Die Arbeit von Veranstaltungsorten, Organisationen und Privatpersonen in Berlin, die sich für eine fortschrittliche und gesellschaftlich relevante, neue sexuelle Kultur einsetzen, ist durch die coronabedingten Restriktionen fast ganz zum Erliegen gekommen und daher akut gefährdet.

Da bereits vorhandene Förderinstrumente - auch abgesehen von Corona - hier nicht greifen, fordern wir grundsätzlich die Schaffung einer Sparte „Sexuelle Kultur“ in den Förderprogrammen der Berliner Senatsverwaltung für Kultur, die sich speziell der Unterstützung dieser Lern- und Erfahrungsorte sowie verwandter Projekte, Organisationen, Vereinen und Festivals widmet und es ermöglicht, entsprechende Fördergelder zu beantragen.

Wir bitten hiermit nachdrücklich um ein Gespräch mit Kultursenator Lederer, um ihm in einer Expertenrunde unser Anliegen darstellen zu können. Wir bitten außerdem nachdrücklich um ein Gespräch mit Staatsministerin Grütters, um mit ihr über die Relevanz sexueller Kultur zu sprechen.

Berlin braucht auch in Zukunft
- Orte und Freiräume, wo zum Thema Sexualität gelehrt, geforscht und experimentiert wird
- Organisationen, die ganzjährig Workshops, Seminare und Vorträge zu sexueller Kultur anbieten
- Menschen, die versuchen, progressive sex-positive Individuen, Gemeinschaften und Organisationen zu vernetzen, um größere gesellschaftliche Wirkung zu entfalten
- Aktivist*innen, die versuchen auf politische Parteien, Bildungseinrichtungen und andere öffentliche Institutionen einzuwirken
- Kongresse, Festivals und andere internationale Events zu sexueller Kultur, die auch außerhalb Berlins Impulse setzen
- Pilotprojekte und Recherche zu Körperpolitik, die Berlins Ruf als innovative, zukunftsorientierte und diversitätsfreundliche Stadt stärken.

Es gibt keinerlei geeignete Förderinstrumente für sexuelle Kultur in Berlin, da der Umgang mit Sexualität nach wie vor als Privatsache gilt und zudem von Angst und Scham geprägt ist. Sexuelle Kultur passt in keine Schublade: Für konventionelle Kulturpolitik ist sie zu explizit, für die Wissenschaft zu körperbasiert, für die Sozialpolitik zu kreativ.


Wer sind wir?

Wir sind Personen, die davon überzeugt sind, dass unsere Gesellschaft mehr Berührung braucht, dass körperliche Hinwendung, die Entwicklung einer sexuellen Identität, die Möglichkeit einer ermutigenden sexuellen Lerngeschichte sowie die Entfaltung der eigenen Sexualität menschliche Grundbedürfnisse sind, deren Erfüllung darüber entscheiden kann, ob eine Person ein glückliches Leben führt, sich potentiell traumatische Erfahrungen aneignen und sich gegen Übergriffigkeit wehren kann.

Wir denken, dass es einer den Menschen zugewandten Politik am Herzen liegen sollte, die Erforschung sexueller Grundbedürfnisse und die Erfahrung sexueller Erfüllung zu fördern. Insbesondere in der Corona-Krise ist die zentrale Bedeutung von Berührung, Kontakt und funktionierenden sozialen Beziehungen für das emotionale Wohlbefinden, die Gesundheit und gesellschaftliche Verankerung zurecht wieder in den Fokus geraten. Wir möchten auf dieser Aufmerksamkeit aufbauen. Eine offene Gesellschaft ist in unseren Augen auch von der kulturellen Reflexion auf die somatisch-sexuelle Seite des Menschen geprägt.

Wir behaupten, dass Bedürfnisse nach Ersatzbefriedigung und Ablenkung durch Konsum, Drogen und mediale Unterhaltung in den Hintergrund rücken und Menschen in ihrer Gesundheit gestärkt werden, sobald die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse nach sozialer Verbundenheit, emotionaler Geborgenheit und sexueller Befriedigung erfüllt sind. Eine Investition in Pflege und Erhalt von Kulturtechniken für sexuelle Selbstbestimmung zahlt sich langfristig aus.

Wir glauben, dass Sexismus, sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch zurückgehen, wenn Sexualität nicht mehr nur als Privatsache betrachtet wird, sondern öffentlich bearbeitet und reflektiert wird. Wir streben die Aufweichung patriarchalischer Strukturen und der vorherrschenden heteronormativen Kultur an und unterstützen besonders alle queeren Formen sexuellen Ausdrucks wie homo-, bi-, pan-, transsexuelle als auch genderqueere und asexuelle Identitäten und Orientierungen.

Wir sind der Überzeugung, dass zu einer aufgeklärten, zivilisierten Gesellschaft eine neue sexuelle Kultur gehört, die auf Konsens, Kommunikation, Diversität und Kollaboration basiert. Es bedarf eines gesellschaftlichen Klimas, dass Qualitäten wie Offenheit, Ehrlichkeit, Einfühlungsvermögen, Toleranz und Hilfsbereitschaft wertschätzt, belohnt und propagiert, um eine neue Qualität sozialen Umgangs zu ermöglichen.

Es bedarf einer neuen sexuellen Kultur. Es bedarf öffentlicher Förderung für eine neue sexuelle Kultur. In Berlin - und in jeder anderen Stadt!

Erstunterzeichner*innen: Sanya Alaya (Tantrische und sexologische Körperarbeit), Micha Stella Bagnoli (Filmemacherin), Meghan Moe Beitiks (Dozentin für Interdisziplinäre Atelierkunst), Mathis d’Arc (Workshopleiter, LUHMEN D’ARC), DIAMOND LOTUS (Tantra Institut), Kai Ehrhardt (Atemtherapeut, VILLAGE BERLIN), Reinhard Gaida (SCHWELLE WIEN), Dominique van Hyt (Veranstalterin, INSOMNIA), Lea M. Immer (Heilpraktikerin und Sexologin), Sacha Kagan (Transdiziplinärer Kulturwissenschaftler), Karina Kehlet Lins (Diplom-Psychologin, Paar- & Sexualtherapeutin), Prof. Dr. Hugo M. Kehr (Techn. Universität München), Seani Love (Bodyworker, Coach), Eric Le Rouge (Kurator, INSTINCT BERLIN), Thomas Luhmann (Coach, GAY LOVE SPIRIT, Berlin), Kirsten Maar (Tanzwissenschaftlerin), Kristina Marlen (Sexpositive Aktivistin, Feministin, Körperarbeit), Anna Mense (Doktorandin Theoretische Philosophie), Laura Méritt (Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Aktivistin), Buster Radvik, Rachel Rickards, Lennart Hennig (EMBODIED INTIMACY), Beatrix Roidinger (Sexpositive Coaching), Sonja Reifenhäuser (Systemische Therapeutin), Felix Ruckert (Tänzer, Choreograph, IKSK), Iva Samina (Sexological Bodywork), Jana Scherle (Systemische Therapeutin), Valentin Schmehl (Tänzer, Kulturaktivist), Ilan Stephani (Autorin, Somatische Mystikerin) Philipp Terhorst (Aktivist, NEUE SPITZMÜHLE), Jaime del Val (Medienkünstler, Philosoph), Janina Vivianne (Aktivistin, Veranstalterin, VEREIN SEXPOSITIVE COMMUNITY EUROPE), Tobias Wieland (Philosoph)

Photo Credit: Ayoto Ataraxia: www.ayotoataraxia.com / instagram:@ayoto.ataraxia / Shantel Liao: http://www.shantelliao.com/about

---english text---

For the preservation and promotion of sexual culture and sex-positive spaces in Berlin.

Berlin is considered the capital of the sex-positive social movement worldwide and is home to countless activists, body workers, researchers, and artists dedicated to the topic of sexual culture. Berlin benefits from its reputation as a liberal and progressive city in terms of sexuality and relationship diversity. This unique locational advantage must be promoted and expanded, as it represents a unique characteristic internationally. The city's lived and open sexual culture enhances its attractiveness and underscores its reputation as a center of knowledge and research.

Sexual culture
- is needed to strengthen public spirit and community and to better understand love and relationships
- combats sexism and prevents violence and abuse
- explores touch and intimacy and teaches physical contact and consent
- contributes to health maintenance and reduces consumption and compensation
- inspires personal empowerment, deconstructs gender stereotypes, and challenges archaic and heteronormative views of sexuality
- promotes diversity and care for body shapes, ages, origins, relationship types and sexual practices
- expands and spreads sexual knowledge (for ex. safer sex practices) and encourages us to be happy and fulfilled sexual beings.

The work of venues, organizations and individuals in Berlin, which advocate for a progressive and socially relevant new sexual culture, has come to a virtual standstill due to corona-related restrictions and is therefore acutely endangered.

Since already existing funding instruments - even apart from Corona - are not effective here, we demand the creation of a "Sexual Culture" section in the funding programs of the Berlin Senate Department for Culture, which is specifically dedicated to supporting these places of learning and experience as well as related projects, organizations, associations and festivals, and which makes it possible to apply for corresponding funding.

We hereby empathically request a conversation with Senator of Culture Lederer, in order to be able to present our concerns to him in a panel of experts. We also strongly request a meeting with Minister of State Grütters to discuss the relevance of sexual culture.

Berlin will continue to need
- Places and spaces where people can teach, research and experiment on the topic of sexuality
- Organizations that offer year-round workshops, seminars and lectures on sexual culture
- People who seek to connect progressive sex-positive individuals, communities, and organizations for greater social impact
- Activists seeking to influence political parties, educational institutions, and other public institutions
- Congresses, festivals, and other international events on sexual culture that generate momentum outside of Berlin.
- Pilot projects and research on body politics that strengthen Berlin's reputation as an innovative, forward-looking and diversity-friendly city.

There are no suitable funding instruments for sexual culture in Berlin, as the way sexuality is dealt with is considered "private" and still characterized by fear and shame. Sexual culture does not fit into any box: it is too explicit for current cultural policy, too body-based for science, too creative for social policy.


Who are we?

We are people who believe that our society needs more touch. That physical affection, the development of a sexual identity, the possibility of an encouraging sexual learning history, and the unfolding of one's sexuality are basic human needs, whose fulfillment can determine whether a person lives a happy life and is able to appropriate potentially traumatic experiences and to resist harassment and assault.

We think that people-centered policies should care about promoting the exploration of basic sexual needs and the experience of sexual fulfillment. Particularly in the Corona crisis, the centrality of touch, contact, and functioning social relationships to emotional well-being, health, and social anchoring has rightly come back into focus. We want to build on this attention. In our eyes, an open society is also characterized by cultural reflection on the somatic-sexual side of human beings.

We claim that needs for substitute satisfaction and distraction through consumption, drugs and media entertainment move into the background and people are strengthened in their health as soon as the basic human needs for social connection, emotional security and sexual satisfaction are met.

We believe that sexism, sexual violence and sexual abuse will decline when sexuality is no longer considered a private matter, but is dealt with and reflected upon publicly. We strive to soften patriarchal structures and the prevailing heteronormative culture and are especially supportive of all queer forms of sexual expression such as homosexual, bisexual, pansexual, transsexual as well as genderqueer and asexual identities and orientations.

We believe that an enlightened, civilized society includes a new sexual culture based on consent, communication, diversity and collaboration. A social climate is needed that celebrates, rewards and promotes qualities such as openness, honesty, empathy, tolerance and care to inspire a new quality of social interaction.

A new sexual culture is needed. Public support is needed for a new sexual culture. In Berlin - and in every other city!

 

Photo Credit: Ayoto Ataraxia: www.ayotoataraxia.com / instagram:@ayoto.ataraxia / Shantel Liao: http://www.shantelliao.com/about

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Entscheidungsträger*innen

  • Herrn Klaus Lederer KultursenatorSenatsverwaltung für Kultur und Europa Abteilung Kultur
  • Staatsministerin Monika GrüttersStaatsministerin für Kultur und Medien
  • Mareike Ligges Senatskanzlei KulturFörderung für Produktionsorte