Sehr geehrtes Kultusministerium, Sehr geehrter Herr Piwarz,

die Abiturprüfungen stellen den Höhepunkt der Schullaufbahn aller Abiturient*innen dar. Sie sind der Abschluss jahrelangen Lernens und wochenlanger Vorbereitung. Keine Ausnahme bildet da die Prüfung im Fach Mathematik, der sich jede*r Schüler*in unterziehen muss und die für viele eine ganz besondere Herausforderung darstellt. Teil dieser Herausforderung ist es, wie jedes Jahr, dass die Schüler*innen all ihr Wissen und all ihre Fähigkeiten nutzen müssen, um die gestellten Aufgaben lösen zu können.

“Dabei ist es uns besonders wichtig, dass Ihnen weder kurz- noch langfristig Nachteile entstehen.” Das versprachen Sie uns als Kultusminister vor Beginn der Abiturprüfungen in Ihrem Brief an die sächsischen Abiturient*innen vom 27.03.2020.  

Entgegen diesem Versprechen mussten wir Schüler*innen des Leistungskurses bereits im A-Teil feststellen, dass dort die zusätzliche Aufgabe, die aufgrund der neuen Punkteverteilung hinzugefügt werden musste, nicht mit dem nur geringfügig erhöhten Zeitbudget vereinbar war und wir nur kurz vor Beginn der Prüfung darüber informiert wurden. Im B1-Teil lag der Fokus überproportional auf der Integralrechnung und es wurde die Deutung eines Terms im Sachzusammenhang gefordert, also etwas, das so nicht Teil des Unterrichts war. Des Weiteren traten sowohl im A- als auch in den B-Teilen gehäuft sehr ungewohnte Aufgabenstellungen auf, wie z.B. das Skizzieren von parameterbehafteten Funktionen und Funktionen ohne gegebener oder ermittelbarer Funktionsgleichung. Außerdem wurde sich bei vielen Aufgabenstellungen stark auf Begründungen und Beweise konzentriert, was von den Schüler*innen ungewöhnlich viel Textarbeit abverlangte. All dies wurde ebenfalls nicht im Unterricht gelehrt. Zusätzlich waren die Aufgaben in ihrer Gesamtheit nicht im vorgegebenen Zeitraum zu lösen. 

Darüber hinaus wurde uns mehrfach von der Schule empfohlen, den Ersttermin wahrzunehmen mit dem Versprechen, dass dies zu unserem Vorteil sei. Dies zusammen mit der Tatsache, dass sich die Termine für die Nachprüfungen inmitten des Zeitfensters für die mündlichen Prüfungen befanden, ließ für viele Abiturient*innen den Ersttermin als einzige Möglichkeit offen. Dies war vor allem deshalb problematisch, weil wir aufgrund der nun weltweit grassierenden Coronavirus-Pandemie gezwungen waren, uns den verbleibenden Teil des Stoffes selbst zu erarbeiten und uns auf eigene Faust, teilweise mit nur wenig von der Schule zur Verfügung gestelltem Material, auf diese wichtige Prüfung vorzubereiten. Dementsprechend wäre es auch eine logische Entscheidung gewesen, die Ansprüche der diesjährigen Aufgaben im Angesicht der besonderen Umstände zu überarbeiten.Da uns die Abiturprüfungen der vorherigen Jahre als Vorbereitung zur Verfügung standen, sind wir der Meinung, dass die Aufgabenstellungen, sowie die Zeit- und Punkteverteilung aus diesem Jahr nicht mit den Vorjahren zu vergleichen sind. 

Da entgegen Ihrem Versprechen doch Nachteile für alle Abiturient*innen entstanden sind, fordern wir, dass der gesamte Bewertungsmaßstab den Umständen entsprechend angepasst wird, um so jedem Abiturienten eine für seinen Vorbereitungsaufwand angemessene Benotung zu ermöglichen. Auch bitten wir Sie, im Interesse der jetzigen 11. Klassen, nächstes Jahr die Prüfungsaufgaben mit Berücksichtigung der besonderen Lernsituation, da auch deren Lernfortschritt durch die Unterrichtsausfälle stark beeinflusst wurde, zusammenzustellen. 

 

                                                            +++++ Update +++++ 

1. Aufgrund der hohen Anzahl an Anfragen aus dem Grundkurs setzen wir uns ab jetzt auch für eine Überprüfung der Aufgaben der Grundkursprüfung hinsichtlich des Zeitbudgets und der Vereinbarkeit der Aufgaben mit dem Lehrplan ein, damit auch für diesen eine faire und gerechte Prüfung gewährleistet werden kann. Gegebenenfalls muss auch hier das Kultusministerium Maßnahmen ergreifen. Dazu benötigen wir genauere Informationen zu den Prüfungsaufgaben von Euch Grundkursler*innen, am besten per Email (beschwerde.mathe2020@gmail.com).

2. Aktuell stehen uns nicht die Prüfungsaufgaben zur Verfügung. Um mit dem Kultusministerium weiterhin auf einer Augenhöhe diskutieren zu können, fordern wir dieses daher auf, uns die Prüfungsaufgaben zur Verfügung zu stellen, damit eine objektive Beurteilung dieser auch für Schüler*innen und Lehrer*innen möglich ist.

 

Verbreitet diesen offenen Brief und schickt ihn per Email oder als Brief an das sächsische Staatsministerium für Kultus (poststelle@smk.sachsen.de) oder den Kultusminister Christian Piwarz (christian.piwarz@smk.sachsen.de) mit dem Betreff "Beschwerde zur Abiturprüfung Leistungskurs Mathematik 2020" und unterzeichnet ihn mit eurem Namen!

Für (Presse-)Anfragen wenden Sie sich bitte an beschwerde.mathe2020@gmail.com