Einstellung Verfahren gegen die Theaterkünstlerinnen Berkovič und Petriichuk

Einstellung Verfahren gegen die Theaterkünstlerinnen Berkovič und Petriichuk

Startdatum
20. Juli 2023
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Henrike Schmidt

Stellungnahme zum Verfahren gegen Evgenija (Zhenja) Berkovič und Svetlana Petrijčuk und die diesem zugrunde gelegte „destruktologische Gerichtsexpertise“

(Русскоязычная версия ниже)

1.     Verhaftung und Anklage der russischen Regisseurinnen und Dramaturginnen Evgenija (Zhenja) Berkovič und Svetlana Petrijčuk

Wir fordern die Einstellung des Verfahrens gegen die russischen Theaterkünstlerinnen Evgenija Berkovič und Svetlana Petrijčuk sowie grundsätzlich den Ausschluss von pseudowissenschaftlichen „destruktologischen Gutachten“ als Beweismitteln für die Anklageerhebung in juristischen Verfahren.

Die Regisseurin Evgenija (Zhenja) Berkovič und die Dramatikerin Svetlana Petrijčuk sind Anfang Mai in Moskau verhaftet worden. Den beiden renommierten russischen Künstlerinnen wird vorgeworfen, Terrorismus zu verherrlichen und ihn zu rechtfertigen - mit ihrer Inszenierung von Petrijčuks Stück „Finist, heller Falke“ („Finist jasnyj sokol’“) im Jahr 2020.[i]

Das Stück, dessen Titel sich auf ein altes russisches Märchen bezieht, basiert auf realen Geschichten, Interviews und Prozessakten und erzählt vom Schicksal der Frauen und Mädchen, die im Internet mit perfiden Mechanismen von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ rekrutiert werden, nach Syrien gehen und bei ihrer Rückkehr in Russland vor Gericht gestellt werden.

Das Theaterstück „Finist, heller Falke“ nach dem Text von Svetlana Petrijčuk wurde in Moskau seit dem Jahr 2020 unter der Regie von Evgenija Berkovič öffentlich aufgeführt. Es war ein großer Erfolg, wurde von vielen Menschen gesehen und war im ganzen Land auf Tournee. Im Frühjahr 2022 erhielt das Stück den höchsten nationalen Theaterpreis, den Preis „Goldene Maske“ („Zolotaja maska“). Svetlana Petrijčuk wurde im Rahmen der Goldenen Maske außerdem persönlich für das beste dramaturgische Werk ausgezeichnet. Das Stück ist Teil des russischen Theaterlebens und war nie Gegenstand der Verfolgung durch die Strafverfolgungsbehörden.

Text und Inszenierung vertreten klar und unmissverständlich eine den Terrorismus verurteilende Haltung.[ii] Das Theaterstück wurde sogar in einer russischen Frauenhaftanstalt gezeigt, mit dem Ziel der Aufklärung gegenüber den Anwerbetechniken des radikalen islamischen Terrorismus. Zum ersten Mal wird in Russland gegen eine Theaterproduktion Strafanzeige erstattet. Der Artikel des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation, der den beiden Theaterkünstlerinnen zur Last gelegt wird, ist Artikel 205.2 Paragraf 2 „Öffentlicher Aufruf zu terroristischen Aktivitäten, öffentliche Rechtfertigung des Terrorismus oder Propaganda für den Terrorismus“. Auf diesen Anklagepunkt stehen bis zu sieben Jahre Haft.[iii]

2.     Die destruktologische Expertise

Grundlage für die Anklage gegen die Dramaturgin und die Regisseurin ist eine „komplexe destruktologische Gerichtsexpertise“. Der volle Text der „Expertise“ ist weder den Angeklagten, noch ihren Anwältinnen oder der breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Die folgende Argumentation bezieht sich deshalb auf dessen im Internet abrufbaren Auszüge.[iv]

Danach will die Expertise den Nachweis liefern, dass in dem Theaterstück und seiner Aufführung „Anzeichen für die Rechtfertigung von Terrorismus“ zu finden sind. Darüber hinaus intendiert sie den Nachweis von „Anzeichen für irgendwelche Ideologien, destruktive Subkulturen. Letzterer Terminus bleibt theoretisch undefiniert und wird lediglich durch exemplarische Setzungen konkretisiert: Danach existiere eine spezifische „Subkultur russischer muslimischer Konvertitinnen“, die einer gleichfalls nicht definierten „Ideologie radikalen Feminismus“ gleichgesetzt wird. Argumentatives Bindeglied ist die Behauptung, beiden „destruktiven Subkulturen“ liege „derselbe Grundgedanke der Demütigung als unumstößlicher Anlass zur Konfrontation“ zugrunde. Diese Behauptungen sind wissenschaftlich nicht belegbar und widersprechen der Verfassung der Russischen Föderation, die gemäß Paragraf 19 die Gleichheit und Freiheit der Bürger:innen unabhängig von ihrem Glauben und ihrem Geschlecht garantiert.

Die Destruktologie, welche die wissenschaftliche Grundlage für die Expertise liefert, ist keine in Russland oder global anerkannte akademische Disziplin. Sie bezeichnet sich als eine „neue angewandte Wissenschaft“.[v] Ihr Ziel ist der Nachweis von destruktiven Tendenzen in der zeitgenössischen russischen Kultur. Solche umfassen laut Selbstbeschreibung der Destruktologie so unterschiedliche Tätigkeiten und Gruppen wie „extremistische und terroristische Organisationen, Psychokulte und nichtreligiöse Sekten; totalitäre Sekten und die Sphäre magischer Dienstleistungen; suizidale Spiele und Formen des Entertainment, tödlich gefährliche jugendliche Subkulturen (Super Columbine Massacre RPG! […]) sowie medizinische Dissidenz“. Literarische und künstlerische Werke sind in dieser eklektischen Aufzählung explizit nicht enthalten.

Die Destruktologie ist eine Pseudowissenschaft ohne ausformulierte Methode und ohne evaluative Kriterien, wie im Juni 2023 als Reaktion auf die Anklage gegen Berkovič und Petrijchuk hunderte russischer Wissenschaftler:innen in einem offenen Brief feststellen, publiziert auf der Website des Rats für die Ethik wissenschaftlicher Veröffentlichungen.[vi] Auf Anfrage der Verteidiger:innen der Angeklagten vom 14. Juni 2023 hat diese Einschätzung sogar das Zentrum für gerichtliche Expertisen des Justizministeriums in einer schriftlichen Stellungnahme bestätigt.

Postuliert und institutionalisiert wurde die Destruktologie im Jahr 2019 von Roman Anatol’evič Silantev. Silantev bezeichnet sich als Historiker und Religionswissenschaftler. Er studierte Geografie, promovierte und habilitierte sich im Fach Geschichte. Er spezialisierte sich im Bereich der Religionswissenschaften und der Islamwissenschaften.[vii] Sein beruflicher Lebenslauf weist beratende Tätigkeiten in unterschiedlichen staatlichen und religiösen Institutionen unter anderem der Russischen Orthodoxen Kirche auf. Seit dem Jahr 2019 leitet er mit dem Ruf eines Professors das „Laboratorium für Destruktologie“ an der Moskauer Staatlichen Linguistischen Universität MGLU. Die Gutachten des Laboratoriums entsprechen nicht den Anforderungen für Gerichtsverfahren, wie vom Justizministerium der RF definiert, wie letzteres in der oben erwähnten schriftlichen Einschätzung selbst konstatiert. Ko-Verfasserinnen der destruktologischen Expertise, auf welcher die Anklage gegen Berkovič und Petrijčuk beruht, sind die „Destruktologin“ und Linguistin Galina Chizrieva, seit 2023 Direktorin des Zentrums für linguistische Expertise der MGLU, und die „Destruktologin“, Linguistin, klinische Psychologin und Soziologin Elena Zamyševskaja, gleichfalls an der MGLU tätig.

Die Destruktologie im Allgemeinen und die „komplexe destruktologische Gerichtsexpertise“ als Grundlage der Anklage gegen die Regisseurin Evgenij Berkovič und die Dramaturgin Svetlana Petrijčuk sind zusammenfassend aus folgenden Gründen gegenstandslos:

1)    die Destruktologie ist keine in Russland sowie international anerkannte, nach allgemein überprüfbaren Kriterien praktizierte und evaluierbare Wissenschaft;

2)    das Laboratorium für Destruktologie verfügt nicht über die notwendige staatliche Akkreditierung für die Erstellung von Gerichtsgutachten;

3)    die Destruktologie verwechselt Gegenstand und Methode, wenn sie mit „destruktologischen Mitteln“ mutmaßliche „destruktive“ Tendenzen der zeitgenössischen Kultur entlarven will, die zudem einem gänzlich disparaten, methodisch, nicht kohärenten Gegenstandsbereich entstammen;

4)    die Autorinnen der „destruktologischen Expertise“ konkret im Fall des Theaterstücks „Finist, heller Falke“ und seiner Aufführungen verfügen als Geograf und Historiker sowie als Linguist:innen und Psychologinnen nicht über die notwendige fachliche wissenschaftliche Expertise für die argument-basierte Analyse von kulturellen Artefakten und fiktionalen Kunstwerken.

Aus letzterem Punkt ergeben sich maßgeblich die Fehllektüren des Theaterstücks in Text und Aufführung, wie sie der Anklage zu Grund gelegt sind und die im Folgenden im Einzelnen widerlegt werden.

3.     Literaturwissenschaftliche Fehllektüren

3.1.  Die Bühnenanweisung der Regisseurin und des Theaterkollektivs

Die Behauptung des Gutachtens, „die Regisseurin Е. Berkovič gibt mit der Lektüre und Aufführung des Stücks eine mit künstlerischen Mitteln ausgedrückte Antwort darauf, wie in der russischen Föderation die Frage nach dem Recht des Menschen auf eine politische Wahl entschieden wird“, ist unzutreffend. Sie widerspricht der Rahmung der Lesung, in der es seitens des Aufführungskollektivs explizit heißt, das Stück wird „Personen nicht empfohlen, (…) die bereit sind, das im Video Gegebene als unmittelbare Aussage oder Propaganda von irgendetwas wahrzunehmen, und nicht als Vorstellung und Besprechung eines künstlerischen Werkes“ (Hervorhebungen von den Autor:innen). Das Gutachten ignoriert also die explizite Warnung vor einer rhetorisch-propagandistischen Lektüre und übergeht die Hinweise der Autorin und des Theaterkollektivs zu seinem künstlerischen Diskussionscharakter.

3.2.  Rede und Gegenrede der Figuren im dramatischen Dialog

Das Gutachten fährt im Folgenden fort, die im Stück besprochenen Themen entgegen der auktorialen Lektüreempfehlung als direkte Aussage und Propaganda des IS und des radikalen Feminismus fehlzuinterpretieren (zur fehlenden Definition des radikalen Feminismus siehe oben) und geht so weit zu behaupten, dass die Autorin zur „Verbreitung dieser Ideologien (IS und radikaler Feminismus) künstlerische Verfahren der Romantisierung, Verteidigung und Heroisierung verwende“.

Diese Behauptung ist ebenfalls unzutreffend. Sie widerspricht explizit dem Text und der dramatischen Komposition des Stücks. Denn diese Verfahren werden nicht von der Autorin verwendet, wie das Gutachten fälschlicherweise behauptet, sondern innerhalb des Stücks von der Figur Marjuška, einer jungen Frau, die sich vor Gericht dafür zu verantworten hat, dass sie illegal nach Syrien gereist ist, um einen IS-Kämpfer zu heiraten. Die Figur der Angeklagten Marjuška romantisiert ihre bevorstehende Ehe als Liebesopfer, verteidigt ihre Reise nach Syrien als einen Aufbruch in ein Märchenland und heroisiert ihren zukünftigen Gatten als Finist, den hellen Falken. Im Stück wird diese Märchenrhetorik von der Figur der Richterin als solche kritisch hinterfragt. Den Verfahren der Romantisierung, Verteidigung und Heroisierung seitens der Figur der Angeklagten wird also im dramatischen Dialog durch die Verfahren der Entzauberung, der Anklage und der De-heroisierung seitens der Figur einer feministischen Richterin widersprochen. Dieser im dramatischen Dialog konfigurierte Konflikt wird auch durch die Hinzuziehung des Heiligen Augustinus als Verteidiger der jungen Islamistin nicht aufgelöst.

3.3.  Parallelmontage einer Tragödie

Zu den Hauptverfahren des Stücks zählt die parallele Montage, in der Untersuchungsakten ähnlich gelagerter Fälle, Erfahrungsberichte anderer IS-Bräute, Eheberatungen eines Online-Imam und 6 Anleitungen (zu einer Skype-Hochzeit nach dem Nikach Ritual, dem korrekten Anlegen eines Hijab, dem Backen einer Halal-Torte, dem Spielen einer Ude, dem Falten einer Karte zum Fest Kurban Bajram, dem korrekten Anlegen eines Kopftuchs in der Strafkolonie – die im Stil von Bastelanleitungen für Kinder geschrieben sind) miteinander verbunden werden. In den Montagestücken wird der stark verengte Lebens- und Erfahrungshorizont der jungen Frauen aufgerufen, der zu Beginn lediglich aus Internet-trash und Phantasmen besteht, im Folgenden eine Unfähigkeit zur Erfahrung zeigt und schließlich in die Verurteilung zu langjährigen Freiheitsstrafen mündet.

Das mittels dieser Parallelmontage etablierte Handlungsschema folgt dem einer klassischen Tragödie, in der nicht nur typischerweise eine zentrale Figur Schuld auf sich lädt (wie hier die IS-Bräute), sondern die Darstellung ihres Vergehens (der Unterstützung islamistischer Ideologie und Gräueltaten) und ihres Schicksals (ihrer Verurteilung) auf eine Katharsis beim Publikum zielen. Das Hervorrufen von ‚Furcht und Mitleid‘ hat gemäß der Poetik des Aristoteles eine Reinigung der Emotionen des Publikums zur Folge. Die Einschätzung des Gutachtens das Stück von Svetlana Petrijčuk und die Aufführung von Evgenija Berkovič könnten den Impuls zu terroristischen Taten auslösen ist also falsch, da das tragische Genre dem es angehört, vielmehr eine Reinigung der in besagte Ideologie investierten Emotionen nach sich zieht.

3.4.  Literarische Verfahren der Ironie und Mehrdeutigkeit

Um den Vorwurf der IS-Propaganda halten zu können, legt das Gutachten eine naive Medienagnostik an den Tag. Zahlreiche Beispiele sollen belegen, dass das Stück extremistische Ideologien nicht nur darstellt, sondern aktiv bewirbt. Die Strategie des Gutachtens ist dabei immer die gleiche: Schlichte Erwähnung wird als Affirmation gedeutet, und diese Affirmation wirkt sich laut Gutachten unmittelbar auf das Publikum aus – ideologisch und psychologisch. Kritik an den Strafverfolgungsbehörden, die das Gutachten dem Stück attestiert, ohne Beispiele zu nennen, rufe im Publikum beispielsweise negative Gefühle gegenüber Gericht und Polizei hervor: „der Rezipient hat den Eindruck, dass das Strafverfolgungssystem (Gericht, Polizei) gegen die Gesellschaft und die individuelle Freiheit gerichtet ist, d.h. dass diese Strukturen mit negativen Eigenschaften ausgestattet sind“. Ein Videoclip mit Anleihen an Horrorfilmästhetiken versetze das Publikum wiederum in Angst und Schrecken: „Der Clip hat auch eine psychologische Wirkung auf den Betrachter, indem er durch die Verwendung klassischer Techniken des Horrorfilmgenres ein Gefühl des Grauens hervorruft“. In all diesen Beispielen wird das Theaterstück als technische Übertragungseinheit konzipiert, die in Pavlov’scher Manier unfehlbar den gewünschten Reiz bzw. die gewünschte Empfindung in den Rezipient:innen hervorrufen kann. Diese Konzeptualisierung widerspricht nicht nur dem Forschungsstand der Literatur- und Kulturwissenschaften, sondern auch der Psychologie.

Eine weitere Strategie des Gutachtens, das Theaterstück zu diskreditieren, zeigt sich in der gezielten Nutzung von Suggestivfragen. So bezieht sich ein Punkt des Gutachtens auf die im Stück gezeigte, verbotene IS-Symbolik, jedenfalls suggeriert die Frage, die Symbolik sei verboten; konkret wird gefragt nach „der Symbolik extremistischer Organisationen oder anderen verbotenen Attributen oder Symboliken, deren Propaganda in der RF verboten ist“. Die Formulierung soll vermutlich verschleiern, dass das einzige (!) im Gutachten erwähnte gefundene Symbol, nämlich der erhobene Zeigefinger, wohl nicht zuletzt aufgrund seiner Vieldeutigkeit auch in Russland nicht verboten ist. Im Stück begleiten die fraglichen erhobenen Zeigefinger eine Anleitung, den Hijab richtig zu falten, und fungieren dabei als Anspielung auf das religiöse Symbol ebenso wie als schlichte Faltanweisung und als choreographische Intervention. Diese Vieldeutigkeit wird vom Gutachten als schlichte Wiederholung gedeutet, die die Wichtigkeit des Symbols unterstreiche.

Schließlich versteigt sich das Gutachten zu der Behauptung, „[d]ie allgemeine Botschaft des Textes lautet, dass die Sehnsucht nach Freiheit und der Wunsch, seine Absichten frei zu verfolgen, jede Handlung rechtfertigt. Das Verständnis dieser Botschaft [...] wird durch die Verwendung von maßgeblichen Quellen erreicht: [z.B.] der selige Augustinus“. An dieser Stelle lässt sich erneut zeigen, wie das Gutachten den Vorwurf extremistischer Propaganda konstruiert. Zunächst stellen die Augustinus-Zitate ein Plädoyer für die Liebe dar, nicht für eine grenzenlose Freiheit auf Kosten anderer. Das Gutachten betreibt eine bewusste Fehllektüre und verschweigt zudem die Art und Weise, wie die Zitate in das Theaterstück eingeflochten werden: Zunächst beruft sich die zum Islam konvertierte Angeklagte in einer ironischen Wendung auf den römischen Kirchenlehrer. Zur Steigerung der Ironie tritt dann Augustinus selbst auf, nur um von der Richterin zurechtgewiesen zu werden.

Aus literatur-, theater- und medienwissenschaftlicher Perspektive ist das Gutachten also aus den folgenden Gründen unhaltbar.

1) Es ignoriert explizite Lektürehinweise der Regisseurin.

2) Es missinterpretiert die Aussagen von literarischen Figuren willkürlich als solche der Autorin (Regisseurin) und ignoriert deren werkimmanente Verurteilung.

3) Es versteht das tragische Genre des Texts und die ihm zugemessene Rezeptionshaltung der Katharsis nicht.

Verfasser:innen und Erstunterzeichnende

Dr. Anke Hennig (Ludwig Maximilian Universität München, Central Saint Martins - University of the Arts London)

Ass.-Prof. Dr. Gernot Howanitz (Institut für Slawistik, Universität Innsbruck)

Prof. Dr. Schamma Schahadat (Slavisches Seminar, Universität Tübingen)

PD Dr. Henrike Schmidt (Peter-Szondi Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Freie Universität Berlin)

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Weitere slavistische Wissenschaftler:innen unter anderen haben die Stellungnahme namentlich unterzeichnet:

PD Dr. Anja Burghardt (Slavische Philologie, Ludwig-Maximilians-Universität München)

Prof. Dr. Gesine Drews-Sylla (Lehrstuhl für Slavistik, Julius-Maximilians-Universität Würzburg)

Prof. Dr. Michael Düring (Institut für Slavistik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)

Dr. Anna Förster (Slawistische Literaturwissenschaft, Universität Erfurt)

Olaf Hamann (Leiter der Osteuropa-Abteilung Staatsbibliothek zu Berlin)

Prof. em. Dr. Ulrike Jekutsch (Institut für Slawistik, Universität Greifswald)

Prof. em. Dr. Renate Lachmann (Lehrstuhl Slavistik, Universität Konstanz)

Thomas Fritz Maier (Wissenschaftler Assistent, Slavisches Seminar, Universität Basel)

Prof. Dr. Magdalena Marszałek (Professur für Slavische Literatur- und Kulturwissenschaft / Schwerpunkt Polonistik, Universität Potsdam)

Prof. Dr. Riccardo Nicolosi (Lehrstuhl für Slavische Philologie / Literaturwissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität München)

Prof. Dr. Klavdia Smola (Institut für Slavistik, Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft, Technische Universität Dresden)

Prof. Dr. Luka Szucsich (Professur Ostslawische Sprachen, Institut für Slawistik und Hungarologie, Humboldt-Universitaet zu Berlin)

Dr. Nina Weller (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin)

Prof. Dr. Irina Wutsdorff (Institut für Slavistik, Universität Münster)

Univ.-Prof. Dr. Andrea Zink (Institut für Slawistik, Universität Innsbruck)

upd. 21.09.2023

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Die Biografien der Künstlerinnen

Evgenija (Zhenja) Berkovič, geboren 1985 in Leningrad, ist eine russische Regisseurin, Dramatikerin und Dichterin. Sie absolvierte die St. Petersburger Akademie für Theaterkunst und das Studio des Moskauer Akademischen Kunsttheaters (Abschluss 2013 unter der Leitung von Kirill Serebrennikov). Sie arbeitete unter anderem mit dem Projekt „Platform", dem Gogol-Zentrum, dem Bolschoi-Theater, dem Moskauer Theater für junge Zuschauer und dem Alexandrinski-Theater in St. Petersburg zusammen. Berkovič nahm an vielen Wohltätigkeitsprojekten teil, darunter das Festival „Ich bin nicht allein" für Kinder aus Waisenhäusern. Im Jahr 2018 gründete sie die unabhängige Theatergruppe „SOSO-Töchter“. Im Januar 2023 begann sie, die schon immer im Bereich des inklusiven Theaters aktiv war, mit Gehörlosen im Theaterprojekt des Kulturzentrums GES-2 zu arbeiten, das 2021 von der Kunststiftung V-A-C Foundation gegründet wurde. Berkovič hat zwei Töchter adoptiert, von denen eine noch minderjährig ist.

Svetlana Petrijčuk, geboren 1980 in Bischkek, ist eine russische Dramatikerin und Drehbuchautorin. Sie absolvierte die Konstantin-Rajkin-Hochschule für Darstellende Künste (Werkstatt von Kama Ginkas). Im Jahr 2018 besuchte sie die Drama-Werkstatt von Michail Ugarov am Teatr.doc. Sie ist Preisträgerin und Finalistin verschiedener dramaturgischer Wettbewerbe und Festivals, unter anderem „Ljubimovka“, „Erste Lesung“, „Bühnenanweisung“, „Höhepunkt“. In ihrer künstlerischen Arbeit setzt sie sich ständig mit Gender-, Bürger- und Sozialthemen auseinander. Ihre Stücke werden in vielen Theatern Russlands aufgeführt. Neben der Berkovič -Produktion fanden Lesungen und Aufführungen des Stücks „Finist, heller Falke“ in verschiedenen Theatern und Institutionen statt, darunter auch in einer Frauenhaftanstalt. Im Jahr 2023 erschien ihr Theaterstück „Finist, heller Falke“ in deutscher Übersetzung im Theaterverlag Hofmann-Paul (siehe Endnote i).

[i] Petriichuk, Svetlana. 2019. Finist jasnyj sokol. Moskva: Nezavisimyj festival’ Ljubimovka. https://lubimovka.art/media/plays/Petriychuk_Finist.docx Zugegriffen 13. Juli 2023.

Petriichuk, Svetlana. Finist, heller Falke. Übersetzt von Elena Gerasimova und Juliane Schiller. Theaterverlag Hofmann-Paul. https://www.theaterverlaghofmann-paul.de/theaterstuecke/finist-heller-falke-878e6543-d8de-45b9-a729-ddf3e58f8318 Zugegriffen 13. Juli 2023.

[ii] Berkovič, Zhenja, Reg. 2019. Finist jasnyj sokol. Nezavisimyj festival’ Ljubimovka. https://www.youtube.com/watch?v=ZjiHrh-D438 Zugegriffen 13. Juli 2023.

[iii] Deutsche Welle. 2023. “Russia: Outrage after Director and Playwright Detained”, 6. Mai 2023. https://www.dw.com/en/russia-outrage-after-director-and-playwright-detained/a-65533685 Zugegriffen 13. Juli 2023.

[iv] Meduza. 2023. „‚Meduza‘ publikuet ‚ekspertizu‘ po delu ob ‚opravdanii terrorizma‘ v spektakle ‚Finist jasnyj sokol‘“, 5. Mai 2023. https://meduza.io/feature/2023/05/05/meduza-publikuet-ekspertizu-po-delu-ob-opravdanii-terrorizma-v-spektakle-finist-yasnyy-sokol Zugegriffen 13. Juli 2023.

[v] Laboratorija destruktologii. Moskovskij Gosudarstvennyj Lingvističeskij Universitet“. https://linguanet.ru/proektnaya-deyatelnost/laboratoriya-destruktologii/?ysclid=ljd24iqwi4982421324 Zugegriffen 13. Juli 2023.

[vi] Sovet po ėtike naučnych publikacij. 2023. „Rossijskie učenye protiv nedobrosovestnych gumanitarnych ėkspertiz v sudach i legitimacii psevdonaučnogo znanija“. https://publication-ethics.ru/2023/05/open-letter-against-forensic-pseudoscience/ Zugegriffen 13. Juli 2023.

[vii] Laboratorija destruktologii. Moskovskij Gosudarstvennyj Lingvističeskij Universitet“. https://linguanet.ru/proektnaya-deyatelnost/laboratoriya-destruktologii/?ysclid=ljd24iqwi4982421324 Zugegriffen 13. Juli 2023.

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Заявление о судебном разбирательстве в отношении Евгении (Жени) Беркович и Светланы Петрийчук и «деструктологической судебной экспертизе», на которой оно основано

1.      Арест и предъявление обвинения российским театральным деятелям – режиссерке Евгении (Жене) Беркович и драматургу Светлане Петрийчук

Мы требуем прекращения дела против театральных деятельниц Евгении Беркович и Светланы Петрийчук и принципиального исключения псевдонаучных «деструктологических судебных экспертиз» в качестве доказательств обвинения в судебном процессе.

В начале мая в Москве были арестованы режиссерка Евгения (Женя) Беркович и драматург Светлана Петрийчук. Известные российские деятельницы искусства обвиняются в прославлении терроризма и его оправдании – в постановке пьесы Петрийчук «Финист ясный сокол» в 2020 году.[i]

Спектакль, название которого отсылает к старой русской сказке, основан на реальных историях, интервью и протоколах судебных заседаний и рассказывает о судьбах женщин и девушек, которые вербуются террористической организацией «Исламское государство» через Интернет с помощью хитроумных механизмов, отправляются в Сирию и по возвращении предстают перед судом в России.

Спектакль «Финист ясный сокол» по тексту Светланы Петрийчук с 2020 года публично представлялся в Москве в постановке Евгении Беркович. Спектакль имел большой успех, был замечен многими зрителями и гастролировал по всей стране. Весной 2022 года спектакль был удостоен высшей национальной театральной премии – премии «Золотая маска». Светлана Петрийчук также была лично награждена премией «Золотая маска» за лучшую драматургическую работу. Спектакль является частью театральной жизни России и никогда не становился предметом преследования со стороны правоохранительных органов.

Текст и постановка четко и недвусмысленно осуждают терроризм.[ii] Спектакль даже был показан в одном из российских женских следственных изоляторов с целью ознакомления заключенных с методами вербовки радикального исламского терроризма. Это первый случай возбуждения уголовного дела против театральной постановки в России. Статья Уголовного кодекса РФ, по которой обвиняются две театральные деятельницы, – это статья 205.2 п. 2 «Публичное склонение к террористической деятельности, публичное оправдание терроризма или пропаганда терроризма». Данное обвинение предусматривает до семи лет лишения свободы.[iii]

2.      Деструктологическая судебная экспертиза

Основанием для обвинения драматурга и режиссерки послужила «комплексная деструктологическая судебная экспертиза». Полный текст «экспертного» заключения недоступен ни ответчикам, ни их адвокатам, ни широкой общественности. Поэтому в нижеследующей аргументации приводятся выдержки из него, доступные в Интернете.[iv]

Исходя из этих выдержек, в экспертном заключении предполагается представить доказательства того, что в пьесе и ее постановке присутствуют «признаки оправдания терроризма». Более того, экспертиза намерена доказать «признаки каких-либо идеологий, деструктивных субкультур». Последний термин остается теоретически неопределенным и конкретизируется только через анекдотичные утверждения. Так, якобы существует определенная «субкулътур[а] русских неофиток-мусульманок», которая приравнивается к столь же неопределенной «идеологии радикального феминизма». Аргументирующим звеном является утверждение о том, что в основе обеих «деструктивных субкультур» лежат «базовые идеи унижения по неотменяемой причине противостояния». Эти утверждения не имеют научного обоснования и противоречат Конституции Российской Федерации, которая, согласно пункту 19, гарантирует равенство и свободу граждан независимо от их вероисповедания и пола.

Деструктология, претендующая на роль научной основы экспертизы, не является академической дисциплиной, признанной в России или в мире. Она называет себя «новой прикладной наукой».[v] Ее цель – выявление деструктивных тенденций в современной российской культуре. К таковым, согласно самоописанию деструктологии, относятся такие разнообразные виды деятельности и группы, как «экстремистские и террористические организации, психокульты и нерелигиозные секты; тоталитарные секты и сфера магических услуг; суицидальные игры и увлечения, смертельно опасные молодежные субкультуры (‹Колумбайн› [...]) и медицинское диссидентство». Литературно-художественные произведения в этот эклектичный список определенно не входят.

Деструктология – псевдонаука без сформулированного метода и без критериев оценки, как заявляли и сотни российских ученых в открытом письме, опубликованном на сайте Совета по этике научных публикаций в июне 2023 г. в ответ на обвинительное заключение по делу Беркович и Петрийчук.[vi] По просьбе адвокатов подсудимых 14 июня 2023 г. даже Центр судебной экспертизы Минюста подтвердил эту оценку в письменном заявлении.

Деструктология была постулирована и институционализирована в 2019 году Романом Анатольевичем Силантьевым. Силантьев называет себя историком и религиоведом. Он изучал географию, получил докторскую степень по истории. Специализировался на религиоведении и исламоведении.[vii] Его профессиональная биография свидетельствует о консультативной деятельности в различных государственных и религиозных учреждениях, в том числе в Русской православной церкви. С 2019 г. возглавляет «Лабораторию деструктологии» Московского государственного лингвистического университета МГЛУ в звании профессора. Экспертные заключения лаборатории не соответствуют требованиям, предъявляемым к судебным разбирательствам Министерством юстиции РФ, о чем оно само заявляет в вышеупомянутом письменном заявлении. Соавторами деструктологической судебной экспертизы, на которой основаны обвинения против Беркович и Петрийчук, являются «деструктолог» и лингвист Галина Чизриева, с 2023 года директор Центра лингвистических экспертиз МГЛУ, и «деструктолог»-лингвист, клинический психолог и социолог Елена Замышевская, также работающая в МГЛУ.

Деструктология как таковая и конкретно «комплексная деструктологическая судебная экспертиза» как основа обвинения режиссерке Евгении Беркович и драматургу Светлане Петрийчук являются нерелевантными по следующим причинам:

1) Деструктология не является наукой, признанной в России или за рубежом, практикуемой и оцениваемой по общепроверяемым критериям;

2) Лаборатория деструктологии не имеет необходимой государственной аккредитации для подготовки судебных заключений;

3) Деструктология путает объект и метод, когда намеревается разоблачить предполагаемые «деструктивные» тенденции современной культуры с помощью «деструктологических средств», которые, к тому же, взяты из методологически чуждой предметной области;

4) Авторы «комплексной деструктологической судебной экспертизы», будучи географами и историками, а также лингвистами и психологами, не обладают необходимой профессиональной научной компетентностью для аргументированного анализа культурных артефактов и художественных произведений фикционального характера, и конкретно пьесы «Финист ясный сокол» и ее постановок.

Последнее обстоятельство является основной причиной неверного прочтения пьесы и ее постановки, на котором строится обвинение и которое будет подробно опровергнуто ниже.

3.      Неправильное литературное прочтение

3.1 Сценические указания режиссера и театрального коллектива

Утверждение в заключении, что «режиссер Е. Беркович своим прочтением пьесы и постановкой (спектаклем) публично предлагает обществу выраженный художественными средствами ответ о том, как в Российской Федерации решается вопрос о праве на свободу политического выбора человека», – некорректно. Оно противоречит объяснительному обрамлению чтения, в котором со стороны исполнительского коллектива прямо говорится, что пьеса «не рекомендована лицам, которые (...) готовы, воспринимать данное видео как прямое высказывание или пропаганду чего-либо, а не представление и обсуждение художественного произведения» (курсив наш). Таким образом, экспертное заключение игнорирует прямое предостережение от риторико-пропагандистского прочтения произведения и не принимает во внимание указания режиссера и театрального коллектива на его художественно-дискуссионный характер.

3.2 Речь и контрречь персонажей в драматическом диалоге

Далее в заключении дается неверная трактовка обсуждаемых в пьесе вопросов как прямого заявления и пропаганды ИГИЛ и радикального феминизма, вопреки авторской рекомендации по прочтению (об отсутствии определения радикального феминизма см. выше), и доходит до утверждения: «Для продвижения этих идеологий автор пьесы вводит литературные приемы романтизации, оправдания, героизации».

Это утверждение также неверно. Оно прямо противоречит тексту и драматургической композиции пьесы. Ибо эти приемы используются не автором, как ошибочно утверждается в экспертном заключении, а героиней пьесы Марьюшкой, молодой женщиной, которой приходится предстать перед судом за то, что она нелегально выехала в Сирию, чтобы выйти замуж за боевика ИГИЛ. Персонаж подсудимой Марьюшки романтизирует свой предстоящий брак как жертву любви, защищает свое путешествие в Сирию как отправление в сказочную страну («Тридесятое государство») и героизирует своего будущего мужа как Финиста ясного сокола. В пьесе эта сказочная риторика подвергается критическому сомнению персонажем судьи. Таким образом, приемам романтизации, оправдания и героизации со стороны персонажа обвиняемой в драматическом диалоге противостоят приемы разоблачения, обвинения и дегероизации со стороны персонажа судьи, настроенной феминистски. Этот конфликт, сконфигурированный в драматическом диалоге, не разрешается даже с привлечением Святого Августина в качестве защитника молодой исламистки.

3.3 Параллельный монтаж трагедии

Одним из основных приемов спектакля является параллельный монтаж, с помощью которого соединены материалы расследований аналогичных дел, воспоминания и свидетельства других ИГИЛ-невест, брачные консультации онлайн-имама и шесть инструкций (о свадьбе по скайпу по ритуалу «Никах», правильном ношении хиджаба, выпечке халяльного торта, игре на уде, складывании открытки к празднику Курбан-Байрам, правильном ношении платка в колонии – написанные в стиле инструкций по рукоделию для детей). В монтажных фрагментах обрисовывается сильно суженный горизонт жизни молодых женщин, который в начале состоит только из интернет-мусора и фантазмов, а в дальнейшем демонстрирует неспособность к приобретению опыта и в итоге приводит к приговору на многолетнее тюремное заключение.

Сюжетная схема, созданная с помощью параллельного монтажа, восходит к модели классической трагедии, в которой, как правило, не только центральный персонаж несет на себе бремя вины (как в случае с невестами ИГИЛ), но и изображение его/ее проступка (поддержка исламистской идеологии и ее злодеяний) и его/ее судьбы (суд и наказание) направлено на катарсис для зрителя. Вызывание «страха и жалости» приводит к очищению эмоций зрителей, согласно «Поэтике» Аристотеля. Таким образом, оценка экспертами пьесы Светланы Петрийчук и спектакля Евгении Беркович, как способных побудить зрителей к совершению террористических актов, ошибочна, ведь трагический жанр, к которому относится данное произведение, предполагает очищение от эмоций, присущих описываемой идеологии.

3.4 Литературные приемы иронии и двусмысленности

Чтобы поддержать обвинение в пропаганде ИГИЛ, в экспертном заключении демонстрируется наивная медиадиагностика. Многочисленные примеры призваны доказать, что в материале не только представлены экстремистские идеологии, но и ведется их активная пропаганда. Стратегия экспертного заключения всегда одна и та же: простое упоминание трактуется как утверждение, а это утверждение, по мнению экспертного заключения, оказывает немедленное воздействие на аудиторию – идеологическое и психологическое. Экспертное заключение, не приводя примеров, утверждает о наличии в пьесе критики правоохранительных органов, которая, по мнению авторов экспертизы, вызывает у аудитории негативные чувства по отношению к суду и полиции: «У адресата возникает представление о противопоставлении правоохранительной системы (суд, полиция) обществу, свободе личности, т. е. эти структуры наделяются негативными характеристиками». Видеоклип с заимствованиями из эстетики фильмов ужасов якобы повергает зрителей в состояние неконтролируемого страха: «Ролик также оказывает психологическое воздействие на зрителя, вызывая чувство страха в связи с использованием в нем классических приемов кинематографического жанра ‹фильм ужасов›» Во всех этих примерах пьеса осмысляется как техническая единица передачи информации, которая по принципу «собаки Павлова» способна неизбежно вызывать у реципиентов нужный стимул или ощущение. Такая концептуализация не соответствует научному уровню исследований не только в литературоведении и культурологии, но и в психологии.

Еще одна стратегия экспертного заключения, направленная на дискредитацию спектакля, проявляется в целенаправленном использовании наводящих вопросов. Например, в одном из пунктов экспертного заключения речь идет о запрещенной символике ИГИЛ, показанной в спектакле, то есть, сама постановка вопроса однозначно предполагает, что эта символика запрещена. Вопрос звучит так: «Содержится ли на представленных видеозаписях символика экстремистских организаций, либо иная запрещенная атрибутика или символика, пропаганда которой запрещена в Российской Федерации?». Такая формулировка, видимо, призвана скрыть тот факт, что единственный (!) символ, конкретно приведённый в экспертизе как доказательство пропаганды, а именно поднятый указательный палец, не запрещен в России, не в последнюю очередь из-за своей двусмысленности. В самой пьесе поднятые вверх указательные пальцы сопровождают инструкцию по правильному складыванию хиджаба, являясь одновременно и аллюзией на религиозный символ, и обычным указательным жестом, и хореографической интервенцией. Эта двусмысленность интерпретируется экспертным заключением как простой повтор, подчеркивающий важность символа: «Этот жест повторяется несколько раз, что может указывать на важность двух вышеуказанных идей для режиссера.»

Наконец, экспертное заключение поднимается до утверждения: «Общий смысл текста заключается в том, что тяга к свободе и стремление свободно воплощать свои замыслы в жизнь оправдывает любые действия. Понимание этого посыла адресатом достигается через использование авторитетных источников. [например]: Блаженный Августин». На примере этого утверждения можно еще раз показать, как в экспертном заключении сознательно строится обвинение в экстремистской пропаганде. Прежде всего, цитаты из Августина – это призыв к любви, а не к неограниченной свободе за счет других. Экспертное заключение допускает намеренное разночтение, а также скрывает то, как эти цитаты вплетены в пьесу. Сначала подсудимая, принявшая ислам, иронично обращается к римскому учителю церкви. Для усиления иронии появляется сам Августин, лишь для того, чтобы быть в свою очередь обличенным судьей.

С точки зрения литературоведения, театроведения и теории медиа «комплексная деструктологическая судебная экспертиза» несостоятельна по следующим причинам. Она

1) игнорирует прямые указания режиссера на то, как пьеса (не) должна читаться;

2) произвольно интерпретирует высказывания литературных персонажей как высказывания автора (режиссера) и игнорирует их осуждение, заложенное в произведении;

3) не понимает трагический жанр текста и присущую ему установку на катарсис.

Авторы и первые подписавшие

Доктор Анке Хенниг (Людвиг Максимилиан Университет Мюнхен, Центральный колледж Святого Мартина в Университете Искусств Лондон)

Гернот Хованитц, кандидат филологических наук, доцент по славянской литературе и культурологии (Университет г. Инсбрука, Австрия)

Профессор, д-р Шамма Шахадат (Славянская филология, Университет Тюбинген).

PD д-р Хенрике Шмидт (Институт общего и сравнительного литературоведения им. Петера Сцонди, Свободный университет / Freie Universität Берлин)

Перевод: Хенрике Шмидт и Анке Хеннинг

Биографии театральных деятельниц

Евгения (Женя) Беркович, родилась в 1985 г. в Ленинграде, – российская режиссерка, драматург и поэт. Окончила Санкт-Петербургскую академию театрального искусства и Московскую Школу-студию (институт) при МХАТ им. Чехова (выпуск 2013 г. под руководством Кирилла Серебренникова). Сотрудничала с проектом «Платформа», «Гоголь-центром», Большим театром, Московским ТЮЗом, Александринским театром в Санкт-Петербурге и др. Беркович участвовала во многих благотворительных проектах, в том числе в фестивале «Я не один» для детей из детских домов. В 2018 году она основала независимую театральную группу «Дочери СОСО». В январе 2023 года Беркович, всегда активно выступавшая в области инклюзивного театра, начала работать с глухими людьми в театральном проекте Культурного центра ГЭС-2, который был создан Фондом искусств V-A-C в 2021 году. Беркович усыновила двух дочерей, одна из которых еще несовершеннолетняя.

Светлана Петрийчук, родилась в 1980 г. в Бишкеке, российский драматург и сценаристка. Окончила Высшую Школу Сценических Искусств Константина Райкина (мастерская Камы Гинкаса). В 2018 году прошла обучение в драматургической мастерской Михаила Угарова в Театре.doc. Лауреат и финалист различных драматургических конкурсов и фестивалей, в том числе «Любимовка», «Первая читка», «Ремарка», «Кульминация». В своем творчестве она постоянно обращается к гендерным, гражданским и социальным проблемам, ее пьесы идут во многих театрах России. Помимо постановки Беркович, читки и спектакли по пьесе «Финист ясный сокол» проходили в различных театрах и учреждениях, в том числе в женском следственном изоляторе. В 2023 году пьеса «Финист ясный сокол» издана в Германии на немецком языке издательством Theaterverlag Hofmann-Paul.[viii]

[i] Петрийчук, Светлана. 2019. Финист ясный сокол. Москва: Независимый фестиваль Любимовка, https://lubimovka.art/media/plays/Petriychuk_Finist.docx (Доступ 13 июля 2023 г.)

[ii] Беркович, Женя, Реж. 2019. Финист ясный сокол. Москва: Независимый фестиваль Любимовка, https://www.youtube.com/watch?v=ZjiHrh-D438 (Доступ 13 июля 2023 г.)

[iii] Deutsche Welle. 2023. Russia: "Outrage after Director and Playwright Detained", 6 мая 2023 г. https://www.dw.com/en/russia-outrage-after-director-and-playwright-detained/a-65533685 (Доступ 13 июля 2023 г.)

[iv] Meduza. 2023. "Meduza" публикует "экспертизу" по делу об "опровержении терроризма" в выступлении "Финист ясного сокола"", 5 мая 2023 г. https://meduza.io/feature/2023/05/05/meduza-publikuet-ekspertizu-po-delu-ob-opravdanii-terrorizma-v-spektakle-finist-yasnyy-sokol (Доступ 13 июля 2023 г.)

[v] "Лаборатория деструктологии. Московский государственный лингвистический университет. https://linguanet.ru/proektnaya-deyatelnost/laboratoriya-destruktologii/?ysclid=ljd24iqwi4982421324 (Доступ 13 июля 2023 г.)

[vi] Совет по этике научных публикаций. 2023. "Российские ученые против недобросовестных гуманитарных экспертиз в судах и легитимации псевдонаучного знания. https://publication-ethics.ru/2023/05/open-letter-against-forensic-pseudoscience/ (Доступ 13 июля 2023 г.)

[vii] Лаборатория деструктологии. Московский государственный лингвистический университет". https://linguanet.ru/proektnaya-deyatelnost/laboratoriya-destruktologii/?ysclid=ljd24iqwi4982421324 (Доступ 13 июля 2023 г.)

[viii] Petriichuk, Svetlana. Finist, heller Falke. Übersetzt von Elena Gerasimova und Juliane Schiller. Theaterverlag Hofmann-Paul. https://www.theaterverlaghofmann-paul.de/theaterstuecke/finist-heller-falke-878e6543-d8de-45b9-a729-ddf3e58f8318 Zugegriffen 13. Juli 2023.

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