Verändern wir die Berliner Subventionslandschaft - Initiative ProPublikum

Verändern wir die Berliner Subventionslandschaft - Initiative ProPublikum

Startdatum
17. Juli 2023
Petition an
Berliner Abgeordnetenhaus (Berliner Abgeordnetenhaus)
1.893 Unterschriften:Nächstes Ziel: 2.500
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Stefan Plepp

Eine kurze Zusammenfassung:

600 Millionen Euro gibt Berlin jährlich für Kulturförderung aus. 95% davon erhalten dauerhaft institutionell geförderte Kulturträger.

Unserer Meinung nach ist die Verteilung institutioneller Subventionen für Kulturträger in Berlin willkürlich, ungerecht und unterliegt zudem zu wenig Kontrollen.

Daraus resultiert eine strukturelle Benachteiligung vieler privater Kulturträger, die unter den verzerrten Preisen und Löhnen der subventionierten Kulturbetriebe leiden und zusätzlich marginalisiert werden, und so, trotz künstlerischer Kompetenz, effektiver Verwaltung und begeistertem Publikum auch nach Jahrzehnten oft keine Chance auf Unterstützung haben.

Auf diese Weise werden viele private Kulturträger in die Selbstausbeutung getrieben, müssen ihr Repertoire auf die wirtschaftlich attraktiveren Positionen beschränken, haben Schwierigkeiten, gut ausgebildetes Personal zu bekommen und kaum Mittel für Werbung.

Schaffen Sie es dennoch, ausreichend Publikum zu finden und damit über Jahre kostendeckend zu arbeiten, so ist das ein Beweis höchster Effizienz, künstlerischer Kompetenz und Qualität! Dies wird allerdings von Entscheidungsträgern der Berliner Subventionspolitik gern als “kommerziell” abgestempelt und als weiteres Argument gegen eine Subventionierung solcher Träger verwendet. Das ist unserer Meinung nach zynisch und  falsch!

Geben diese Kulturträger auf, hinterlassen sie enttäuschtes Publikum, welches oft keinen adäquaten Ersatz findet. Es geht der Live Kultur verloren. Kulturelles Potential und Know-How wird vernichtet, was einem direkten und indirektem wirtschaftlichen Schaden für Berlin entspricht.  Damit ist niemandem gedient.

Wir möchten der neuen Regierung Berlins deshalb dringend eine Änderung dieses Verfahrens nahelegen! Unser Vorschlag ist:

Private Kulturträger und Institutionen, die seit Jahren kontinuierlich, effizient und dicht am Publikum arbeiten, sollten nach einer festzulegenden Dauer ihrer Existenz, durch die sie ihre Kompetenz und Daseinsberechtigung zur Genüge bewiesen haben, nach einem festzulegenden Schlüssel an dem Budget der institutionellen Förderung beteiligt werden.

Nur zwei zusätzliche Bedingungen sollten daran gekoppelt werden: 

  1. die Inhalte sind nicht demokratiefeindlich und
  2. die Gewinne nicht ausreichend, um empfohlene Gagen und Löhne zu zahlen!

Die Voraussetzungen sollten für ALLE Empfänger der institutionellen Förderung regelmäßig überprüft werden.

So entsteht ein gesunder und transparenter Wettbewerb mit Perspektiven, der die Situation wieder entzerrt!

Da eine Unterstützung solcher Kulturträger mit eigenem Publikum aus Sicht deren Publikums wünschenswert ist, heißt unsere Initiative ProPublikum.

Ende der Kurzzusammenfassung.

Unterstützende Theater und Veranstalter:

Wie kommen wir  zu dieser Forderung?

1.       Warum überhaupt Kultur fördern?

Als Theatermacher beziehen wir uns hier vorrangig auf das Theater. Analoge Gründe gelten aber für Musik, Tanz und bildende Kunst, und wir möchten Kulturträger, Veranstalter und Institutionen in diesen Bereichen explizit einladen, sich mit Ihrem Publikum an dieser Petition zu beteiligen und zu engagieren!

Warum also Theater (und Live-Musik und Tanz - zusammengefasst als Live-Kultur) fördern?

Theater wurde einst aus politischen Gründen erfunden: als Stätte der Demokratieförderung, des Dialogs sowie der Rekreation und körperlichen und psychischen Heilung.

All das leistet Theater auch heute noch!

  •  Die Herstellung zwischenmenschlicher Verbindung,
  • das gemeinsame und sinnliche Durchleben von Erkenntnisprozessen bzw. die Gewinnung oder Beurteilung neuer Erkenntnisse
  • Erlangen neuer Blickwinkel auf die Gesellschaft
  • aber auch die Rekreation und Unterhaltung

...all das ist, gerade in dieser Zeit sich verhärtender Fronten und stark polarisierenden Diskurses (Pandemie, Impfungen, Ukrainekrieg, Inflation, Globalisierung, Klimawandel etc) für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Dialog enorm kostbar und erstrebenswert. Und damit fördernswert.

Gehen Teile des Publikums der Live-Kultur verloren, so landen Sie wahrscheinlich bei der Streaming-Kultur, die keine der oben genannten Vorteile für Demokratie und Diskurs aufweisen kann, sondern im Gegenteil tendenziell eher zu Vereinzelung, Rückzug in’s Private und Polarisierung führt. Und das oft endgültig.

 

2.       Welche Kulturträger sollten gefördert werden?

Grundlage für die oben geschilderte positive Rückwirkungen von Live-Kultur auf die Gesellschaft ist, dass Sie Publikum erreicht.

Je mehr Publikum sie erreicht, umso größer kann die Wirkung sein.

Ohne Publikum hingegen kann es keine Wirkung geben (außer vielleicht auf die Mitwirkenden).

Unbestreitbar also ist, dass die Menge an Publikum Voraussetzung für die Entfaltung jedweder gesellschaftlichen Wirkung ist! Erst hier ergibt sich das gemeinsame Erleben, der Dialog, der direkte Austausch.

Damit sollte die gemittelte Größe des Publikums und dessen Konstanz über einen längeren Zeitraum auf jeden Fall als wesentlicher Faktor für die Erstellung eines gerechten und transparenten, wettbewerbsfördernden Verteilungsplanes zur Feststellung einer Förderwürdigkeit herangezogen werden!

Welche Wirkung Kultur nun bei Ihrem Publikum erzielen kann und wie stark sie ist, ergibt sich natürlich aus den Inhalten und der konkreten künstlerischen Realisierung. Hier wird die Bewertung schwieriger. Weiter unten unternehmen wir einen Versuch, auch dazu Kriterien vorzuschlagen.

Wir würden es nun aber zudem begrüßen, wenn Steuergelder auch nach der Effizienz vergeben werden, mit der sie angewendet werden. Mit welchem Mitteleinsatz erreiche ich wie viel Publikum?

Klar ist: Die subventionierten Theater und Kulturträger haben hier eine negative Bilanz. Sie kosten den Steuerzahler  Geld. Das ist zunächst einmal nicht schlimm, denn der Steuerzahler bekommt ja etwas dafür zurück.

Aber:

  • bekommen alle Steuerzahler oder wenigstens eine Mehrheit etwas zurück?
  • Werden also viele Schichten und Klassen erreicht? 
  • Und mischen sie sich?

Und:

  •  Gibt es vielleicht Kulturträger, die in Bezug auf Publikumsmenge und Inhalte im Verhältnis zum Einsatz von Fördergeldern das gleiche oder sogar ein höheres Niveau erreichen?

Es gibt in Berlin eine Reihe privater Kulturträger, die eine deutlich bessere, ja sogar eine positive Bilanz als die großen Player haben (sonst könnten Sie ja als private Unternehmen nicht existieren)! Die die Steuerzahler also im besten Fall nichts kosten, sondern stattdessen sogar Steuern zahlen.

Da durch die Subventionen aber der Markt nicht funktioniert, leiden viele dieser privaten Kulturträger trotz positiver Bilanz und äußerst effektivem Management oft an eklatantem Geldmangel. Sie können die üblichen Gagen und Löhne nicht bezahlen, finden entsprechend kein qualifiziertes Personal, kämpfen ständig ums Überleben, finden kaum Beachtung bei der Presse und werden von den raumgreifenden Werbekampagnen  der subventionierten  Big Player marginalisiert.

Genau DIESE hochgradig effizienten Kulturträger werden also im Prinzip dafür bestraft, dass sie großartige Arbeit leisten, indem Sie aus dem Fokus der Förderung herausfallen.

Kann das im Sinne des Steuerzahlers sein?

Nein!

Kann das im Sinne der Gesellschaft sein?

Nein!

Ist das im Sinne des Publikums?

Nein!

Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Kulturträger Ihr Publikum meist sehr gut kennen und den Menschen liefern, was sie brauchen, erwarten, sogar ihre unbewussten Wünsche bedienen, oft mit großem Anspruch und Enthusiasmus. Geben sie auf, findet sich für ihr Publikum oft kein adäquater Ersatz und es geht der Live-Kultur zumindest teilweise verloren.

Eine Unterstützung dieser Kulturträger ist eigentlich also eine Unterstützung des Publikums. Deshalb heißt unsere Initiative ProPublikum.

Natürlich gibt es Unterschiede: Mit Sprechtheater wird man weniger Zuschauer erreichen als mit Fußball, moderner Tanz wird vermutlich weniger Menschen interessieren als zum Beispiel Musicals. Neue Musik wird wahrscheinlich weniger Menschen erreichen als Rockmusik.

Hier gilt es zu untersuchen, was erreichbar und was gerade noch akzeptabel ist! Also geeignete Bewertungsschlüssel zu schaffen, anhand derer die Kulturträger einer Sparte untereinander verglichen werden können.

Unhaltbar aber sind aus unserer Sicht Projekte, die gefördert werden, obwohl am Ende nur sehr wenige Zuschauer kommen! Und bei denen das nicht auffällt, weil niemand kontrolliert.

Natürlich soll auch nicht gefördert werden, wo es nicht notwendig ist. Wenn also ein Kulturträger die üblichen Gagen und Löhne problemlos zahlen kann und dabei immer noch Gewinne macht, die über die betrieblich notwendigen Rücklagen hinaus gehen, so muss dieser nicht gefördert werden.

Auch sind wir der Meinung, dass für eine institutionelle Förderung erst einmal über eine gewisse Zeit nachgewiesen werden muss, dass verlässlich konstante Publikumszahlen erreicht werden, dass es Verwaltungsstrukturen gibt und diese effizient arbeiten. Dazu schlagen wir einen noch genauer zu bestimmenden Zeitraum vor: z.B. 10 Jahre.

Hier also nochmals unsere Kernforderung:

Private Kulturträger und Institutionen, die seit Jahren kontinuierlich, höchst effizient und dicht am Publikum arbeiten, sollten nach einer festzulegenden Dauer ihrer Existenz, durch die Sie Ihre Kompetenz und Daseinsberechtigung bewiesen haben, nach einem festzulegenden Schlüssel an dem im Haushalt festgelegten Budget der institutionellen Förderung beteiligt werden. Dabei sollten nur zwei Bedingungen gestellt werden: Die Inhalte dürfen nicht demokratiegefährdend sein und die Empfänger sollten nicht selbstständig in der Lage sein, die marktüblichen Löhne und Gagen zu bezahlen. Die Voraussetzungen sollten regelmäßig überprüft werden und für ALLE Kulturinstitutionen gelten!

 

3.       Wird kontrolliert und wenn ja, wie?

Viele Kulturträger werden die folgende Erfahrung gemacht haben: 

Sie beantragen Förderungen und werden ohne Begründung abgelehnt. Aber haben sich die Entscheider die Mühe gemacht, ihre Kunst anzuschauen? Die Antwort wird zu einem hohen Prozentsatz NEIN lauten.

Ebenso werden viele Kulturträger, die bereits in den Genuss von Subventionen gekommen sind, festgestellt haben, dass sie ebenfalls kaum kontrolliert werden.

Was passieren kann, wenn Veranstalter, Kuratoren, Direktoren, Intendanten und Senderchefs zu lange unkontrolliert schalten und walten können, kann man sehr gut am Machtmissbrauch (siehe verlinkter Artikel), Fehlförderungen und Verschwendung bei/an großen staatlichen Kulturinstitutionen sehen. Beispiele wären zusätzlich zu dem verlinkten Artikel etwa die Dokumenta und der RBB…

Aber neben diesen skandalösen und polarisierenden Vorgängen gibt es auch (weniger offensichtlich, aber ebenso schädlich) die Bildung von Filterblasen im Publikum und wenig Durchmischung der Publikumsschichten. Dadurch können die beschriebenen positiven Effekte der Kunst und Live-Kultur erheblich vermindert werden. Inhaltlich kann das zu einer internen Selbstbestätigung und Abkopplung vom Diskurs führen.

Hier fordern wir mehr Evaluation und Wettbewerb.

 Damit kommen wir zu:

 

4.       Weitere Vorschläge für Kriterien eines gerechteren, transparenteren und wettbewerbsfördernden publikumsorientierten Verteilungsschlüssels:

Wie misst man nun den Wert einer Kulturinstitution und schafft damit so etwas wie ein nachvollziehbares Kriterium für Musik, Theater und Tanzkunst, nach dem öffentliche Mittel zu vergeben sind? Ist das überhaupt möglich?

Hier einige Punkte, die wir gerne einbringen würden:

  • ·         Grundvoraussetzung dafür, dass Live-Kultur überhaupt ihre Wirkung entfalten kann, ist davon abhängig, wie gut es ihr gelingt, Zuschauer oder Zuhörer zu erreichen. Die Auslastung und deren Konstanz sind also ein wichtiger, wenn nicht der Wichtigste Indikator. Das ist leicht mess.-und belegbar.
  • ·         Gelingt es, effiziente Produktionsstrukturen aufzubauen?  Das ist ebenfalls messbar!
  • ·         Werden verschiedene gesellschaftliche Schichten und Altersstufen angesprochen? Und folgen diesen Angeboten auch? Führt das zu einer Durchmischung? Auch das ist messbar.
  • ·         Gibt es zusätzliche Bildungsangebote, z.B. pädagogische Vor- und Nachbereitungen, Besprechungen, Diskussionen, um die positiven Wirkungen zu verstärken? Das ist leicht zu kontrollieren.
  • ·         Gibt es Besonderheiten (deckt zum Beispiel ein Veranstalter einen Zeitraum ab, in dem andere Kulturträger geschlossen haben? Sind sie besonders inklusiv? Oder besonders originell? Habe sie eine eigene künstlerische Sprache oder Ausdrucksform entwickelt? Hier sind eher Kuratoren gefragt. Argumente hier sollten öffentlich gemacht werden.
  • ·         Kann der Veranstalter von seinen Einnahmen existieren, und dabei problemlos die empfohlenen Gagen zahlen?

Das sind zumindest einige Punkte, die unserer Meinung nach in einem neuen Verteilungsschlüssel Anwendung finden sollten. Wir erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und würden gerne mit der Politik zusammenarbeiten, um die erwähnten Schlüssel und Vergabekriterien festzulegen.

Gestalten wir gemeinsam die Berliner Kulturförderung gerechter undtransparenter. Fördern wir Perspektiven und damit gesunden Wettbewerb. 

Bitte unterstützen Sie unsere Initiative mit Ihrer Unterschrift!

 

 

 

 

 

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