Keine Spaltung der Pflege - Faire Verteilung der Corona-Prämie

Keine Spaltung der Pflege - Faire Verteilung der Corona-Prämie

Startdatum
13. April 2022
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Sharon Uhlemann

Wir fordern eine Gleichbehandlung aller Mitarbeitenden innerhalb der Pflege in Bezug auf die Verteilung der Corona-Prämie.

Die aktuelle Lage: 

Die Regierung plant eine Corona-Prämie

Erhalten sollen diese Prämie jedoch nur 3-jährig examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger auf bettenführenden Stationen und nur in Krankenhäusern, die mind. 10 Patienten mit mind. 48h Beatmungsdauer im Jahr 2021 behandelt haben.

Tatsächlich betroffen von extremer Mehrbelastung durch Corona sind jedoch weitaus mehr Stationen und Funktionseinheiten und damit auch deren Mitarbeitende in der Pflege, wie Pflegehelfer, Altenpfleger, Anästhesie- und operationstechnische Assistenten (ATA/OTA), Hebammen, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, Physio- und Ergotherapeuten, medizinische Fachangestellte u.v.m. 

Diese sollen alle keine Prämie erhalten.

Eine derartige Verteilung der Prämie ist nicht nur ungerecht, sondern führt vor allem zu einer Spaltung innerhalb der Berufsgruppe Pflege, innerhalb der Krankenhäuser, der Stationen, der Teams und auch der Mitarbeitenden. Es spaltet die Pflege, die bereits vor der Pandemie mit extremen Herausforderungen zu kämpfen hatte, aber spätestens seit der Pandemie überlastet und ausgebrannt ist.


Im Grundgesetz heißt es in Artikel 3 Absatz 3: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung (…) benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Aber darf innerhalb einer Berufsgruppe, einer der wichtigsten Berufsgruppen der Bundesrepublik - der Pflege - unterschieden werden, Herr Lauterbach?

Wir versorgen alle die gleichen Patienten. Häufig angefangen in der Notaufnahme:

Pflegekräfte der ZNA versorgen, betreuen, pflegen und beatmen einen Patienten. Dennoch gibt es keine Prämie für die in der ZNA arbeitenden, 3-jährig examinierten, z.T. fachweitergebildeten Notfallpflegekräfte.

In dem Moment, in dem genau dieser Patient auf die Intensivstation geht, wird er von ebenfalls 3-jährig ausgebildeten Fachpflegekräften weiterbehandelt. Für diese Fachpflegekräfte gibt es eine Corona-Prämie; für fachweitergebildetes Personal sogar eine 1,5-fache.

Muss dieser besagte Patient operiert werden, wird er von 3-jährig examinierten ATAs/ OTAs oder Fachpflegekräften versorgt und betreut. Diese erhalten keine Prämie

Wir alle arbeiten im Bereich Pflege. Wir unterscheiden nicht untereinander, sondern arbeiten Hand in Hand – für unsere Patienten

Dementsprechend akzeptieren wir eine Unterscheidung in Bezug auf Bezahlung und Prämien innerhalb der Pflege nicht!

Es sind nicht nur ausgewählte Stationen von der zusätzlichen Belastung durch Corona, wie extreme Mehrarbeit, anspruchsvollere Arbeit und eine hohe psychische Belastung, betroffen. 

Was diese Belastung für all die Mitarbeitenden in der Pflege, die keine Prämie erhalten, wie z.B. in der ZNA, der Physio- und Ergotherapie, teilweise der Geriatrie und dem Kreißsaal, bedeutet, erklären wir Ihnen gerne, Herr Lauterbach, da Sie es nicht zu wissen scheinen:

Die Arbeit unter Isolationsbedingung: Eine Patientenversorgung unter Vollschutz und der damit verbundene zeitliche Aufwand des An- und Ausziehens erhöhen den Druck in der Pflege enorm.  Es ist physisch sehr belastend darin zu arbeiten: Mit zwei paar Handschuhen die Venen eines instabilen Patienten zu tasten, durch eine beschlagene Schutzbrille schauen zu müssen, während man unter den Plastikkitteln enorm schwitzt, erschwert die ohnehin harte Arbeit zusätzlich. Zudem kann es bei Notfällen oder Reanimationen zu einer verzögerten Behandlung kommen bis man die Schutzkleidung angelegt hat. Diese Entscheidung, den Selbstschutz vorzuziehen, ist manchmal psychisch sehr belastend.

Nahezu alle Patienten mit nur einem COVID-Symptom, dazu zählen Patienten mit Verdacht auf Pneumonie, exacerb. COPD, V.a. Sepsis und Fieber unklarer Genese, müssen zusätzlich isoliert behandelt werden bis das Schnell-PCR-Ergebnis eine COVID-Infektion ausgeschlossen hat. 

Jeder, der schon einmal einen Menschen reanimieren musste, weiß wie physisch, aber auch psychisch anstrengend dies ist. Aber auch isolierte COVID-Patienten sind im letzten Jahr immer wieder reanimationspflichtig geworden – und das nicht nur auf der Intensivstation, sondern auch auf anderen Stationen. Die Schutzkleidung während der Reanimation hat es uns allen noch viel schwerer gemacht.

Bei jedem Patienten muss direkt zu Beginn der Behandlung ein Antigen-Test durchgeführt werden -> auch symptomfreie Patienten können positiv sein, die ebenfalls isoliert behandelt werden müssen, was wiederum zu weiteren Raumkapazitätsdefiziten führt. Aber auch die Durchführung des Antigen-Tests selbst ist weitaus aufwendiger, als viele denken: beginnend mit dem Abstreichen, das 15-minütige Abwarten mit anschließender Dokumentation des Ergebnisses und der ggf. anschließenden Notwendigkeit eines PCR-Tests.

Die Durchführung von PCR-Tests nach einem positivem Antigen-Test aller Mitarbeitenden des Krankenhauses findet in einigen Krankenhäuser in der ZNA statt und bedeutet dementsprechend zusätzliche Arbeit für das dort arbeitende pflegerische Personal. 

Ein Patient in Isolation bindet zwei Mitarbeitende, wo sonst nur einer notwendig war -> einer übernimmt die isolierte Patientenversorgung, der anderer übernimmt anreichende und abnehmende Tätigkeiten.

Bei den Hebammen bedeutet die Entbindung bei COVID-positiven Frauen ebenfalls einen erheblichen Mehraufwand. Die Entbindung findet unter Vollschutz teilweise über Stunden statt.

Für alle Stationen sind ständige Anpassung von Arbeitsabläufen notwendig. In kurzen zeitlichen Abständen erfolgen diverse Änderungen und teilweise täglich Neuerungen, welche immer wieder für Unsicherheiten zu Dienstbeginn sorgen.

Zusätzlich entsteht Mehrarbeit durch den erhöhten Krankenstand des Personals, der durch die grundsätzliche Mehrbelastung und auch die Infektion von Mitarbeitenden mit COVID verursacht wird. Dies führt zu häufigem Einspringen und stationsübergreifender Personalumverteilung.

Ein Teil der Bevölkerung beschwert sich über das Tragen von FFP2-Masken im Einzelhandel und dem ÖPNV. Wir, die Pflege, tragen die Masken seit Pandemie-Beginn über die gesamte Arbeitszeit hinweg. Und das selbstverständlich. Für uns und für unsere Patienten!

Bei akuten COVID-positiven Patienten mit starker Luftnot ist teilweise eine stundenlange (invasive/ nicht-invasive) Beatmung in der Notaufnahme notwendig. Dadurch verteilen sich die Viren in der Luft und sorgen für eine erhöhte Ansteckungsgefahr. Viele der Patienten bedürfen einer zusätzlichen Intensivpflege (z.B. arterielle Blutdruckmessung, kontinuierliche Überwachung, etc.). Außerdem ist bei jedem COVID-Positiven eine Blutkulturentnahme zur Diagnostik unabdingbar, die durch das pflegerische Personal der ZNA erfolgt. Die Blutentnahme und Erstversorgung der COVID-positiven Patienten, unabhängig von deren Zustand, wird mittlerweile fast ausschließlich von der Pflege der ZNA durchgeführt. Dabei ist eine hygienisch einwandfreie und vor allem schnelle Arbeit unter hohem Druck notwendig, um beispielsweise eine nicht seltene Sepsis (= lebensbedrohliche Komplikation bei verschiedensten Infektionskrankheiten, u.a. bei COVID, dritthäufigste Todesursache in Deutschland*) rechtzeitig zu erkennen und damit das Leben eines Patienten zu retten.

 

All diese Mehrarbeit war und ist nur durch die Zusammenarbeit aller Berufsgruppen und aller Mitarbeitenden in der Pflege, unabhängig vom Ausbildungsgrad, zu stemmen!!!

Ebenso zeigt es eine Überlastung verschiedenster Stationen, die betroffen und überlastet sind und alle gleichermaßen eine Corona-Prämie verdienen!

Neben der physischen Mehrarbeit führt die Corona Pandemie auch zu einer psychischen Belastung aller Mitarbeitenden in der gesamten Pflege:

  • Extreme Mehrbelastung + anspruchsvollere Arbeit
  • Ständige Ansteckungsgefahr
  • Extrem schlechte Krankheitsverläufe der COVID-Infizierten
  • Umgang mit mehr Todesfällen
  • Weniger Kontakt zu Familie/Freunden wegen erhöhter Ansteckungsgefahr
  • Teambildung kaum bis gar nicht möglich
  • Ständige Ausfälle/Einspringen
  • Wut und Trauer in Bezug auf Krankheitsverläufe, Situation im Krankenhaus, gesellschaftliche Wahrnehmung und angemessene finanzielle Entlohnung
  • Seit zwei Jahren dauerhafte psychische Belastung auf allen Stationen
  • Die Mitarbeitenden sind am Limit!

All diese Belastungen finden auf Stationen und in Einheiten des Krankenhauses statt, dessen Mitarbeitende keine Corona-Prämie erhalten sollen. Corona hat abteilungsübergreifend und berufsgruppenübergreifend das Personal belastet und wird es auch weiterhin tun.

Dementsprechend ist es unabdingbar, dass die Corona-Prämie auf die gesamte Berufsgruppe Pflege fair verteilt wird.

Wir haben hier bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulin genutzt. Entsprechende Begriffe gelten aber selbstverständlich für alle Geschlechter gleichermaßen.

 

* Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und AVMFonline, 2019, S. 239 

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