Petition: Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen zur Chefsache machen!

Petition: Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen zur Chefsache machen!

Startdatum
5. Januar 2023
Petition an
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Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Dr. Franziska Briest

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,

Sehr geehrte Frau Familienministerin Paus,

Sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und -präsidenten

 

Wir Eltern wenden uns heute an Sie, weil sich etwas ändern muss!

Wir fordern Sie auf, die desolate Situation in unseren Kindertageseinrichtungen endlich zu priorisieren und Maßnahmen zu deren Behebung zur Chefsache zu machen!

Wir fordern Sie auf, alle Optionen zu prüfen, um kurzfristige Bekämpfung der Missstände und langfristige Strukturverbesserungen zu erreichen. Diese können nicht allein auf Ebene der Träger und Kommunen erzielt werden, sondern benötigen eine Koordination auf Ebene von Bund und Ländern.

Diese sollen sein:

  1. finanzielle Mittel bereitstellen, um kurzfristige Lösungen für Personalknappheit jetzt (!) zu finanzieren (Springer/freie Kräfte wo verfügbar, Verwaltungspersonal und Hilfskräfte für nicht-pädagogische Tätigkeiten)
  2. ausländische Abschlüsse zügiger anerkennen und ausländisches Personal schneller qualifizieren 
  3. eine zeitgemäße Fachkräfte- und Ausbildungsoffensive 
  4. vollständiges Ausschöpfen der Personalverordnungen
  5. einheitliche Ausbildungsordnungen mit regelhafter Vergütung der Ausbildung sowie eine Verpflichtung der Träger Ausbildungsplätze zu schaffen
  6. Tarifanpassungen
  7. attraktive Konzepte für den Quereinstieg in der Kindertagesbetreuung
  8. eine schrittweise Verbesserung des Betreuungsschlüssel auf maximal 5 Kinder pro Fachkraft 
  9. dauerhafte Etablierung des Einsatzes von Verwaltungskräften und AlltagshelferInnen/Hauswirktschaftskräften zur Entlastung bei Logistik und Verwaltung 
  10. Jobsharing in Führungsrollen


Hintergrund:

Fast drei Jahre lang haben wir die Belastungen, die durch die Einschränkungen des Kita- und Hortbetriebes in der Pandemie entstanden sind, abgefangen. Trotz Wegfalls aller Maßnahmen hat sich für uns jedoch nur wenig verbessert. Unsere Kindertageseinrichtungen leiden unter einer Spirale aus Personalmangel, Überlastung und krankheitsbedingten Ausfällen. 

Dies hat nicht nur Einfluss auf pädagogische Angebote, sondern führt immer wieder zu Einschränkungen der Öffnungszeiten und die mittlerweile regelmäßigen Bitten, unsere Kinder nicht in die Einrichtung zu bringen oder sehr kurzfristig abzuholen. 

Das bedeutet, dass an vielen Werktagen in 2022 kein oder eingeschränkter Betrieb stattgefunden hat, an denen wir Eltern umorganisiert, unbezahlt frei genommen, im Homeoffice unter medialer Dauernutzung für die Kinder gearbeitet und teure Babysitter bezahlt haben. Wir haben das fehlende Angebot durch Großeltern abgefangen oder durch versetzte Arbeitszeiten der Eltern, was zu einer Reduktion der Familienzeit geführt hat. Wir haben nachts gearbeitet. Dies ist für uns weder gesund, noch ist es zwischenmenschlich oder pädagogisch vertretbar für unsere Kinder, die ein Recht auf gute frühkindliche Bildung und ein stabiles soziales Umfeld mit planbaren Tagesabläufen haben.

Sehr viele von uns sind berufstätige Mütter und Väter und/oder übernehmen Carearbeit. Kurzfristig kommunizierte Angebotseinschränkungen, die mittlerweile an der Tagesordnung sind, sind für uns nicht tragbar. Wenn Eltern einer beruflichen Tätigkeit in einem Umfang nachgehen, der nicht mehr durch die Öffnungszeiten abgedeckt werden kann, ist dies eine Katastrophe, die uns und unsere Familien beruflich und privat überlastet. Auch wir sind hoch qualifizierte Fachkräfte und ArbeitnehmerInnen. Auch unsere MandantInnen, SchülerInnen, Gäste, KundInnen, PatientInnen, KlientInnen haben ein Anrecht darauf, dass wir unserer Arbeit nachgehen. Unsere zu pflegenden Angehörigen haben ein Recht auf unsere Sorge.

Wir tragen Verantwortung als Teil dieser Gesellschaft, aber das können wir nur, wenn wir sicher sein können, dass unsere Kinder gut und verlässlich betreut sind. 


Dies ist ein dringender Appell, die Probleme nicht kurzfristig auf Träger, Fachkräfte und Eltern zu verschieben, sondern strukturell anzugehen. Wir empfinden es zunehmend als Zumutung, organisatorische Entscheidungen auf unterster Ebene, wie z. B. die Vermeidung von Springerpools aus Kostengründen, auf Kosten der eigenen gesundheitlichen und finanziellen Ressourcen abzufedern. Springer können zwar nicht alleine Gruppen betreuen, aber sie können bei ersten Personalausfällen die verbleibenden MitarbeiterInnen so entlasten, dass es nicht aufgrund der gestiegenen Arbeitsbelastung zu einer Spirale von Ausfällen kommt. Springerpools können zudem Träger- und Kommunen-übergreifend organisiert werden. Dies verursacht selbstverständlich Kosten. Die Kosten aber, die unsere beruflichen Ausfälle verursachen, müssen in diese Rechnung ebenfalls einbezogen werden. 

Vor allem aber brauchen Kindertageseinrichtungen motiviertes und gut ausgebildetes Fachpersonal. Dazu muss der Beruf attraktiver werden. Neben deutlichen Verbesserungen bei den Tariflöhnen, flexibleren Arbeitszeitmodellen und Jobsharing in Führungsrollen, bedeutet dies auch einen aufmerksamen Blick auf Entlastungsmöglichkeiten im Arbeitsalltag. Ein Personalschlüssel, bei dem eine Person bei Personalknappheit bis zu 18 Kinder gleichzeitig betreut, d.h. trägt, wickelt, anzieht, auf Toilette begleitet, erklärt, beruhigt und tröstet, Streit schlichtet, bastelt, spielt, beobachtet und dokumentiert, vorliest, erklärt, in den Arm nimmt, besondere Bedürfnisse berücksichtigt, frühkindliche Bildungsarbeit leistet und Aufmerksamkeit schenkt - das sind keine guten Arbeitsbedingungen. Es sind auch keine guten Bedingungen für unsere Kinder und, wenn die ErzieherInnen zusammenbrechen, eine katastrophale Situation für uns Eltern.

Die aktuelle Situation steht auch im Widerspruch zur grundgesetzlich verankerten Gleichberechtigung.

Sowohl die schlecht bezahlten und zunehmend schlecht beleumundeten Fachkräfte, als auch Elternteile, die die Missstände abfangen, sind überdurchschnittlich weiblich. Die politische und gesellschaftliche Geringschätzung von Carearbeit trifft überproportional Frauen.

 

Wir fordern Sie auf, dauerhafte Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Belastung von ErzieherInnen reduziert wird. Die Voraussetzungen dafür können nicht in den Kommunen oder bei den Trägern geschaffen werden, dazu braucht es den Willen und die gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern mit einer zwischen den Bundesländern abgestimmten Bildungs-, Tarif- und Personalpolitik, die Carearbeit wertschätzt und dem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegenwirkt. 

Unsere Kinder müssen zur Chefsache werden!


Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen bedeutet letztlich Fachkräftemangel in allen Bereichen, denn auch wir Mütter und Väter sind Fachkräfte!

 

Die Unterzeichnenden

 

Bildnachweis: Foto von Yan Krukov via Pexels

 

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